Zu Atomkriegsdrohungen

Zynisches „Spiel“

US-Präsident Joseph Biden malte den Weltuntergang an die Wand. „Wir haben uns seit der kubanischen Raketenkrise nicht mehr der Möglichkeit eines Armageddon gegenübergesehen“, sagte Biden. Es sei das erste Mal, dass man der „direkten Bedrohung“ durch Nuklearwaffen gegenüberstehe. Und natürlich ist es der Ultrabösewicht „Putin“, der die Welt bedroht. Aber der tapfere Joe wird ihn zur Strecke bringen.

Zurück zur Realität. Was der russische Präsident, und auch sein Außenminister, gesagt haben, ist im Grunde genommen eine Binse. Wenn die Russische Föderation in ihrer Existenz bedroht sei, würden die russischen Streitkräfte das Land mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Das ist die gültige russische Militärdoktrin. Hier geht es nicht um Erfolge oder Misserfolge auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz, sondern um die Existenz der Russischen Föderation als Ganzes. Und richtig, das schließt den Einsatz nuklearer Mittel ein. Ähnliche Formulierungen dürften in den Militärdoktrinen aller Atommächte zu finden sein. Man kann diese defensive Doktrin natürlich in eine aggressive Drohung umfälschen, wie Biden es getan hat und wie es die westliche Propagandamaschine tut. Die Wirklichkeit ist eine andere.

Denn es sind die USA, die auf dem „Recht“ auf „präemptive“ Atomschläge beharren. Also „vorbeugend“ Atomwaffen einzusetzen, damit die Dinge auch so laufen, wie es Washington möchte. Der Kiewer Präsidentendarsteller hat entsprechend „präventive Schläge“ gegen Russland gefordert.

Die USA haben schon immer eine „aktive Atomkriegspolitik“ betrieben, um es milde zu formulieren. Sie haben militärisch sinnloserweise Hiroshima und Nagasaki atomar ausgelöscht, Korea und Vietnam mit der Bombe bedroht und der UdSSR, später Russland, atomare Erstschlagswaffen vor die Haustür gestellt. Bis Anfang der 1960er Jahre sah die US-Atomkriegsplanung vor, die UdSSR und die VR China mit 3.200 Atombomben „von der Landkarte zu fegen“. Bevor das Pentagon seine Sprengsätze und Trägermittel beisammen hatte, war allerdings die sowjetische Atomrüstung zu weit fortgeschritten.

Für den russischen Präsidenten tendieren die Gründe, nukleare Waffen einzusetzen, hart gegen Null. Die ukrainische Armee hat massiv Kräfte und Material verloren. Die westlichen Lager sind leer. Nachschub ist nicht mehr in nennenswertem Umfang zu erwarten. Bislang hat Russland nur mit einem Bruchteil seines Potentials gekämpft. Nach den Anschlägen auf die Krim-Brücke läuft es anders, wie die russischen Raketeneinsätze in den letzten Tagen gezeigt haben. Wenn die neuen russischen Truppen eingegliedert sind, wird sich die Lage sehr schnell sehr ungünstig für die Selenski-Faschisten gestalten. Warum sollte die russische Armee die Gebiete, in die sie demnächst einmarschieren wird, atomar verstrahlen wollen?

NATO-Lautsprecher Jens Stoltenberg hat ungewollt den wahren Charakter des Krieges offenbart: Ein Sieg Russlands wäre eine Niederlage der NATO. Jeder weiß, dass ohne USA und NATO dieser Krieg nie stattgefunden hätte und ohne sie längst zu Ende wäre. Hier kämpft der gesamte Westen gegen Russland. Und da gilt die Parole: NATO darf nicht verlieren. Um keinen Preis. Das ist der Hintergrund des Atomkriegsgeredes.

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"Zynisches „Spiel“", UZ vom 21. Oktober 2022



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