Seit einigen Jahren erinnern und mahnen im Rahmen einer Freiluft-Ausstellung namens „Die Zeugen“ großflächige Fotoporträts überlebender ehemaliger Häftlinge an das Grauen des Konzentrationslagers Buchenwald; ein Projekt, das unter anderem von der Thüringer Staatskanzlei und der Buchenwald-Stiftung unterstützt wird. Dem Verbrechen an Ernst Thälmann, der das KZ nicht überlebte, sondern 1944 hier ermordet worden ist, widmet man von offizieller Seite hingegen wenig beziehungsweise fragwürdige Aufmerksamkeit. (…) Im November 2021 wurde dem Thälmann-Denkmal die zweifelhafte Ehre zuteil, im Zuge einer „Kunstaktion“ für ein Wochenende verhüllt zu werden, um „eine Debatte über den künftigen Umgang“ mit dem Denkmal anzustoßen. Schließlich sei Thälmann nicht nur Opfer des Nationalsozialismus, er habe „aktiv an der Zerstörung der Weimarer Republik mitgewirkt“. Dass die „politischen Hebammen eben dieser Republik von Weimar“ aber identisch sind mit den Geburtshelfern der Faschistenherrschaft – wie Friedrich Neuffer bereits 1933 vergleichend formulierte – und diese Republik tatsächlich nur das Signum, nur die Hüllen einer parlamentarischen Demokratie trug, ist folglich eine Überlegung, die wachzurufen mit der Aktion zweifelsfrei nicht provoziert werden sollte. Man verhüllt lieber, was eigentlich aufzuzeigen wäre.
Die Ausstellung „Die Zeugen“ war 2019 konzipiert worden mit einer Vernissage am Weimarer Bahnhofsvorplatz und einer Finissage am Stéphane-Hessel-Platz – benannt nach dem in Buchenwald internierten Résistance-Kämpfer, der 2010 in seinem seinerzeit viel erwähnten Traktat „Empört Euch“ den Gaza-Streifen „als ein Gefängnis unter freiem Himmel“ bezeichnete und in dem Zusammenhang von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ sprach. Gebieten diese Äußerungen nicht, das Straßenschild mit seinem Namen einmal zu verhüllen? Einstweilen hat man sich (noch) nicht erdreistet.