Fußballreise um die Welt: Panama

Zwei Meister pro Jahr und viel Papier

Von Hannes Schinder

Nachdem im ersten Teil dieser Reihe der Fußball in Kuba dargestellt wurde (erschienen in UZ 26/2017), geht es nun etwa 1 500 km Luftlinie von Havanna an die Karibikküste Panamas – genauer gesagt in Colón. Die Stadt an der nördlichen Mündung des Panamakanals steht für einen traurigen Höhepunkt der Fußballgeschichte in Panama. Denn in dem mittelamerikanischen Staat spielt Fußball eine ganz andere Rolle als in Kuba.

Am 15. April dieses Jahres wurde der Nationalspieler Amilcar Henriquez vor seinem Haus in Colón von vier Männern erschossen. Der 33 Jahre alte Mittelfeldspieler starb im Krankenhaus an den Schussverletzungen. Seit 2011 ist er der vierte Fußballer in Panama, der auf offener Straße ermordet wurde. Abdul Chiara traf es auf dem Weg zum Trainingsgelände, Javier de la Rosa nach einem Spiel.

Das kleine Land spielt im Weltfußball kaum eine Rolle. Als Panama durch die Veröffentlichung der „Panama Papers“ in die Schlagzeilen geriet, waren davon aber auch einige namhafte Sportler betroffen: In den Unterlagen des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca tauchen unter anderem Lionel Messi und Michel Platini auf, neben anderen UEFA- und FIFA-Funktionären. So beschäftigte sich die Fußballwelt kurzzeitig mit Panama, auch wenn das Land noch nie an einer Weltmeisterschaft teilgenommen hat.

In Panama spielt der Fußball eine große Rolle. Der Verband „Federación Panameña de Fútbol“ wurde 1937 gegründet und ist bereits seit 1938 FIFA-Mitglied. Aktuell belegt das Land den 52. Platz der Weltrangliste. Im Jahre 1988 führte der Verband das heutige Ligasystem ein: Zehn Mannschaften treten hier an, die Saison teilt sich in Apertura und Clausura. Diese bezeichnen die Hin- und Rückrunde. Pro Runde spielt jede Mannschaft zweimal gegen die anderen, danach spielen die vier bestplatzierten in einem Ko-Modus den Titel aus und der letztplatzierte steigt in die zweite Liga ab.

So werden pro Saison zwei Meistertitel vergeben. Grund dafür ist, dass viele Spieler aus dem amerikanischen Raum während der laufenden Spielzeit nach Europa wechseln und die Vereine daher nur schwer eine komplette Saison mit dem gleichen Team durchspielen können. Diesen Spielmodus kann man häufig in mittel- und südamerikanischen Ligen finden.

Das kann zu einer abwechslungsreicheren Liga führen, bei der zwei verschiedene Mannschaften Meister werden können – in Panama jedoch wurden seit 1988 nur sechs verschiedene Mannschaften Meister. Rekordsieger ist CD Árabe Unido aus Colón mit 13 Titeln.

Eine weitere Besonderheit der Liga ist, dass hier vier Mannschaften aus der Hauptstadt Panama-Stadt vertreten sind. Dies führt zu vielen Derbys und ist vielleicht ein Grund dafür, dass oft Gewalt mit im Spiel ist. Andere Faktoren sind die hohe Kriminalität in Panama und der weit verbreitete Waffengebrauch. Auch Demonstrationen enden recht häufig in Straßenschlachten. Wenn Fußballer auf offener Straße erschossen werden, zeigt dies nur, dass sich der Fußball den gesellschaftlichen Problemen nicht entziehen kann.

Es ist schade, dass Gewalt das Bild vom Fußball in Panama prägt. Denn wer einen kampf- und laufbetonten Fußball mag, der trotzdem schön anzusehen ist, kommt bei den zentral- und südamerikanischen Ligen auf seine Kosten. Um diesen Spielstil zu beschreiben, kann man dann doch noch – wie zu erwarten war – Janosch zitieren: „Oh, wie schön ist Panama“.

Auf die Art und Weise, wie Fußball gespielt wird, trifft das nämlich zu, auch wenn die Schattenseiten einem die Freude am Sport nehmen können.

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"Zwei Meister pro Jahr und viel Papier", UZ vom 14. Juli 2017



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