Der Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg formiert sich

Zwei Lager

Von Tina Sanders

Termine der G20-Proteste

Die DKP beteiligt sich an den Protesten gegen den G20-Gipfel im Juli in Hamburg. Die wichtigsten Termine:

2. Juli: Großaktion zu Wasser und zu Land

5.–6. Juli: Gegengipfel

6. Juli: Warm-up-Demo des autonomen Spektrums

7. Juli: Aktionstag des zivilen Ungehorsams

8. Juli: Großdemo

Weitere Informationen:

www.G20-Demo.de

Eine breite Plattform bereitet den Protest gegen das G20-Treffen im Juli in Hamburg vor. Auf einen gemeinsamen Termin für eine Großdemonstration konnte man sich aber nicht einigen. In der Debatte um die Aktionsform drücken sich inhaltliche Differenzen aus.

Als Olaf Scholz verkündete, dass im Juli 2017 der G20-Gipfel in den Hamburger Messehallen stattfinden wird, glaubten viele an einen schlechten Scherz oder eine Befriedigung der Eitelkeiten nach der gescheiterten Olympiabewegung der Hansestadt. Doch tatsächlich werden sich die G20 am 7. und 8. Juli in Hamburg treffen, um in erster Linie über die Handels- und Finanzfragen der Welt zu verhandeln. Beschlüsse werden sie wahrscheinlich genauso wenig fassen wie bei den letzten Gipfeln. Eine demokratische Legitimation hat das Treffen nicht. Bei den G20-Gipfeln treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder, der BRICS-Staaten, der EU und einiger weiterer Länder.

Aus unterschiedlichen Motivationen und unterschiedlichen politischen Lagern heraus bereiten verschiedene Gruppen, Organisationen und Bündnisse den Widerstand gegen den Gipfel vor. Die Kritik an den G20 ist vielfältig, doch man kann sagen, dass es zwei Lager in den Protesten gibt: Die einen sehen die G20-Regierungen als Teil des Problems, die anderen sehen sie als mögliche Lösung des Problems.

Trotz dieses inhaltlichen Widerspruchs sprechen die verschiedenen Kräfte über die gemeinsame Vorbereitung der Proteste. In Hamburg hat sich eine Plattform herausgebildet, die den sogenannten „politischen Dreiklang der Proteste“ abbildet. Damit sind die drei Aktivitäten Gegengipfel, Aktionen des zivilen Ungehorsams und eine Spektren übergreifende Großdemo am 8. Juli gemeint. Für diese drei Aktionsformen hat sich je ein Bündnis formiert. Treibende Kräfte in dieser Plattform sind die Interventionistische Linke (IL), attac und die Partei „Die Linke“. Auf den Plattformtreffen reicht das Spektrum aber von autonomen Zusammenhängen, die zusätzlich eigene Bündnisstrukturen haben, über Umweltverbände, Migrantenorganisationen wie der DIDF bis zu NGOs und weiter bis hin zu den Grünen, die ja gleichzeitig den Gipfel in Hamburg als Koalitionspartner der SPD mit ausrichten. Die DKP ist an diesem Prozess aktiv beteiligt. Zurzeit fehlt noch das Gros der Gewerkschaften in diesem Prozess. Die DGB-Jugend und ver.di Hamburg haben Vertreter zu Plattformtreffen geschickt. Seit einiger Zeit reicht die Vorbereitung auch über die Grenzen Deutschlands hinaus und hat sich damit internationalisiert.

Die Planung für den Dreiklang sieht so aus, dass am Mittwoch und Donnerstag (5. und 6. Juli) ein Gegengipfel stattfinden soll. Dieser Gegengipfel soll an verschiedenen Orten in Hamburg stattfinden, eine starke internationale Ausrichtung haben und Hamburger Kulturschaffende einbeziehen. Am Freitag (7. Juli) wird es den Tag des zivilen Ungehorsams geben. Was das genau bedeutet, wurde auf der Aktionskonferenz im Dezember in Hamburg andiskutiert und soll auf noch folgenden Aktionskonferenzen weiter vorbereitet werden. Hier deutet sich schon, dass es unterschiedliche Spektren mit unterschiedlichen Aktionsvorstellungen gibt, hier ist von Umzingelung des Veranstaltungsorts oder einer Aktion im Hamburger Hafen die Rede. Im eher linksradikalen Spektrum hat sich das Bündnis „G20 entern“ gebildet, das radikalere Töne anschlägt, sich aber trotzdem sowohl mit der Plattform austauscht als auch aktiv im Demobündnis für die Großdemo am 8. Juli ist. Die Großdemo am Samstag soll das Kernstück des Protestes sein. Ziel war es von Anfang an, während des Gipfels zu demonstrieren und ein möglichst breites politisches Spektrum auf die Straße zu bekommen, die gemeinsam loslaufen und auch gemeinsam ankommen. Es werden bis zu 100000 TeilnehmerInnen erwartet. Trotzdem gab es von Anfang an Stimmen aus dem Spektrum der NGOs, die bezweifelten, ob eine solche Demonstration sinnvoll ist – vor allem, weil sie befürchten, dass es während der Proteste zu militanten Auseinandersetzungen kommen könnte. Diese Befürchtung ist berechtigt – zumindest die Polizei orientiert offensichtlich darauf, gegen Demonstranten vorzugehen: Sie hat bereits begonnen, ehemalige Flüchtlingsunterkünfte zu provisorischen Gefängnissen umzubauen, in denen auch Gerichtsverfahren gegen die Festgenommenen stattfinden können.

Die Angst vor Auseinandersetzungen hat die NGO „Campact“, einen wichtigen Akteur in den Anti-TTIP-Protesten, und die Naturfreunde dazu gebracht, zu einem weiteren Bündnis einzuladen: Für den 2. Juli, also das Wochenende vor dem Gipfel, wollen sie zu einer noch nicht näher benannten „Aktionsform“ aufrufen. Damit gibt es im Rahmen der Proteste zwei Großaktionen: Die Demonstration am 8. Juli während des Gipfels und die Großaktion am Wochenende vorher, es war nicht möglich, die Mobilisierung auf einen Termin zu konzentrieren. Die bürgerlichen Medien nutzen geteilte Mobilisierung aus, um die Proteste – wie üblich – in gute und friedliche NGOs auf der einen und radikale, gewaltbereite Linke auf der anderen Seite einzuteilen. Dass es zwei Großveranstaltungen geben wird, ist aber auch ein Ausdruck der unterschiedlichen Einschätzungen: Ob die G20 als Teil des Problems oder als Teil der Lösung gesehen werden.

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"Zwei Lager", UZ vom 3. Februar 2017



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