Vom 12. bis14. Mai 2017 trafen sich in Peking Vertreter aus hundert Staaten zum Gipfeltreffen des „Belt and Road Forums“, unter ihnen 29 Staats- und Regierungschefs. Britannien war durch Theresa May, Russland durch Wladimir Putin, Italien und Griechenland durch ihre Ministerpräsidenten Gentiloni und Tsipras vertreten. Die BRD hatte Wirtschaftsministerin Zypries geschickt. Die deutschen Medien behandelten das Ereignis unter „ferner liefen“. Die „Belt and Road Initiative“, auch „Neue Seidenstraße“ genannt, bündelt alte und neue Projekte Chinas und anderer Staaten zum Aufbau eines interkontinentalen Infrastruktur-Korridors zwischen Europa, Afrika, Asien und China. Er verläuft im geografischen Raum der historischen Seidenstraße und umfasst Land- und Seewege, Pipelines und Häfen. Das Investitionsvolumen wird auf 1 100 Mrd. US-Dollar geschätzt, finanziert hauptsächlich durch die Asiatische Infrastrukturinvestitionsbank (AIIB) und den Seidenstraßenfonds.
Die VR China erhofft sich von dem Projekt einen Entwicklungsschub für ihren Westen und die Stabilisierung der Grenzen zu Nachbarländern. Das Projekt galt auch als Alternative zum von den USA initiierten Transpazifischen Partnerschaftsabkommen (TPP), das China ausschloss. Trump ließ es später fallen. Am parallelen TTIP mit der EU hält der Bundesverband der Deutschen Industrie bis heute fest. Anton Börner, Chef des Bundesverbands Groß- und Außenhandel, beschrieb das TTIP als „Chance für globale Standards, die wir zusammen mit den USA zurzeit noch prägen können“. Aus der „Wertegemeinschaft“ von USA und EU folgt für Börner: „Länder wie China und Russland müssen von uns übernehmen, was freier Wettbewerb und freies Handeln bedeutet und nicht wir die Regeln ideologisch ausgerichteter Staaten und deren Gesellschaftsformen.“ Selten wurde der Sinn der „Wertegemeinschaft“ so direkt auf den aggressiven Anspruch der imperialistischen Hauptländer reduziert, die Regeln der „Globalisierung“ auch künftig zu diktieren.
China gelang es mit der Öffnungspolitik seit 1978, sich in die Weltwirtschaft und internationale Arbeitsteilung einzugliedern, ohne die eigene Wirtschaftssouveränität aufzugeben. Es hat die Kapitalisten ins Land gelassen, ihnen aber nicht die Kommandohöhen der Wirtschaft überlassen. So konnte es ausländische Investitionen und Technologie für die eigenständige Entwicklung nutzbar machen. Dazu waren bestimmte Kapitalverkehrskontrollen nötig. Genau gegen diese laufen die monopolkapitalistischen „Wettbewerber“ und ihre Staaten Sturm. Sie wettern gegen „Produktpiraterie“ und verteidigen damit ihr Monopol auf technologische Vorsprünge. „Staatskonzerne“, „Joint-Venture-Zwang“, Quoten für Elektroautos rügen sie als „ungenügende Marktöffnung“ und „Benachteiligung des Auslands“. Auf den chinesischen Binnenmarkt verzichten können und wollen sie aber auch nicht.
Die Ambivalenz von Kooperation und Konkurrenz prägt auch Berlins Haltung zu „One Belt One Road“. Angesichts von Rissen in der „Wertegemeinschaft“ dank Trump, Brexit und Eurokrise stöhnen die Qualitätsmedien dieser Tage unüberhörbar darüber, dass „ausgerechnet die VR China“ sich als Verteidigerin der Globalisierung „aufspiele“. Zudem sind bei „One Belt One Road“ die EU-Staaten involviert, allen voran Südeuropa und die vier Visegrad-Länder. Ihr Spielraum gegenüber der deutschen EU-Dominanz könnte in der Kooperation mit China größer werden. Die Spaltungen in der EU könnte das vertiefen. Andererseits würden deutsche Konzerne, deren Industriegürtel sich in die Visegrad-Länder erstreckt, vom Korridor nach Asien ungemein profitieren. Thinktanks wie die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (dgap) raten daher zur Doppelstrategie: Mitmachen, aber zugleich durch Dauernörgeln Druck auf China machen, dem Auslandskapital mehr Zugriff auf seine Firmen zu gewähren.