CDU zeigt Verständnis für Kommunen und ihre Zuzugssperre für Flüchtlinge

Zuzugsstopp

Von Herbert Becker

Die „Belastungen“ in einigen Städten und Gemeinden durch den Zuzug von Flüchtlingen seien sehr hoch, meinte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) und verlangt eine „gleichmäßigere Verteilung“ über das ganze Land.  Flächendeckend ist jedoch festzuhalten, eine Überforderungen bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen ist nicht gegeben. Es ist allerdings richtig, dass in einigen Kommunen in Deutschland derzeit die für die Integration der Flüchtlinge notwendigen Voraussetzungen fehlen.

Städte und Gemeinden brauchen zusätzliche Plätze in der Kinderbetreuung, in der Schule, ausreichend Wohnraum, Sprachkurse und Angebote für die Integration in Arbeit. Das heißt, sie brauchen an erster Stelle das dafür notwendige Geld, das sie in ihren eigenen Kassen nicht haben. Sie müssen betteln gehen bei ihrem Bundesland und beim Bund, der die Politik zu verantworten hat. Die Bundesregierung verweist auf eine bundesgesetzliche Wohnsitzauflage, die auf Landesebene umgesetzt werden muss. Diese ist nach einer Entscheidung des EuGH aus 2016 zwar mit europäischem Recht nicht vereinbar, allerdings kann sie aus migrations- und integrationspolitischen Gründen gerechtfertigt sein. Minister Seehofer ist der Meinung, es wäre möglich, die Verteilung der zu uns gekommenen Menschen auch nach Anerkennung besser zu steuern und die Überlastung in einigen Kommunen zu vermeiden. Vorbild für ihn ist der Freistaat Sachsen, der gerade an der Umsetzung der Wohnsitzauflage arbeitet. Für den Erlass einer sogenannten „Zuzugssperre“, wie sie beispielsweise Salzgitter, Freiberg oder Cottbus verhängt haben, hat Seehofer Verständnis, denn wenn die Belastungen objektiv zu groß sind, sollte man einen solchen Zuzugsstopp verhängen, um eine Überforderung zu vermeiden. Die Bundesländer wie Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, die „hinterherhinken“, müssten eben Zuzugssperren, also negative Wohnsitzauflagen einführen, um einzelnen Städten und Gemeinden eine „Verschnaufpause“ zu ermöglichen.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bedient dabei auch noch den rechten Rand mit der Behauptung, es gebe Probleme mit Menschen, die sich nicht an die hiesigen Werte und Gesetze halten wollten. In Städten wie Cottbus träten jugendliche Migranten in größeren Gruppen auf und ließen sich „von normaler Ansprache nicht beeindrucken“, sagte Kretschmer. Der sächsische Ministerpräsident forderte „eine bessere Handhabe“, vor allem bei Minderjährigen. Es gebe ein „neues Kriminalitätsphänomen“. „Und Abschiebungen funktionieren nicht, weil Flüchtlinge ihre Identität verschleiern“, fügte der CDU-Politiker hinzu. „Wenn wir in dieser Situation beherzt handeln, beseitigen wir viele Irritationen“.

Die Angst seiner Partei, bei den nächsten Landtagswahlen im Sommer 2019 die Mehrheit zu verlieren, lässt Kretschmer und die Seinen zu allen Mitteln greifen, die ihnen die Wähler wieder zurückbringen. Im Dezember 2017 hatte der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) gefordert, die Kommunen selbst über die Menge der Flüchtlinge entscheiden zu lassen, die sie aufnehmen möchten. Als Anreiz für die Aufnahme sollten die Kommunen die Kosten für die Integration vom Bund ersetzt bekommen – „und sie sollen den gleichen Betrag obendrauf bekommen für ihre Bürger“, so Gabriel damals. Im Koalitionsvertrag blieb von allen hehren Worten übrig, dass der Bund für die nächsten vier Jahre den Ländern und Kommunen acht Milliarden Euro als Mitfinanzierung verspricht (die gleiche Summe wie auch in den letzten Jahren) und dabei droht, „sie gemeinsam zu gestalten und, wo erforderlich, effizienter“ damit umzugehen. Gabriels Wunsch, den auch der DStGb hegt, läuft mit dem schönen Satz ins Leere „wir prüfen zusätzliche finanzielle Anreize bei freiwilligem Engagement von Kommunen für erfolgreiche Integrationsarbeit.“

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"Zuzugsstopp", UZ vom 6. April 2018



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