Es war eher die Angst vor dem Zusammenbruch, vor den Unsicherheiten des Danach, die letztlich, nach vier Tagen, zu einer Einigung über das Hilfspaket der EU geführt hat. Die Zeiten, in denen die Europäische Union glaubhaft als Zukunftsversprechen verkauft werden konnte, sind lange vorüber. Die EU ist und bleibt in vielen Fragen zutiefst gespalten.
Beschlossen wurde ein Kompromiss, der in der Außendarstellung von allen als Erfolg verkauft werden kann, dessen Detailregelungen aber die Durchsetzung von Hardliner-Positionen wie die der „sparsamen Vier“ (Niederlande, Österreich, Dänemark, Schweden) verhindern. Ähnliches gilt für den Versuch, Ungarn oder Polen durch ökonomischen Druck zu Verhaltensänderungen zu zwingen.
Die Corona-Doppelkrise hat zum einen in vielen EU-Staaten die ohnehin gravierenden wirtschaftlichen Probleme massiv verschärft. Die EU war auch vor Corona in der Rezession. Zum anderen ist die Krise vor allem von der „Make America Great Again“-Trump-Regierung zum Schlachtfeld für eine Art Endkampf um die globale Vorherrschaft auserkoren worden. Kongress und Federal Reserve haben dazu mehr als 10 Billionen Dollar mobilisiert.
Die deutsche Kanzlerin und der französische Präsident haben zumindest begriffen, dass das Beharren auf der bisherigen fundamentalistischen Austeritätsposition die EU sprengen würde. Klar ist, dass die südlichen EU-Staaten nicht in der Lage sein werden, ihre Schulden zurückzuzahlen. Wenn man die EU als privilegierte Profitbasis erhalten möchte, muss man auf deren Belange eingehen. Der Kompromiss sieht nun vor, 360 Milliarden Euro als Zuschüsse und 390 Milliarden Euro als Kredite zu vergeben. Damit ist die EU der von den monetaristischen Hardlinern so vehement bekämpften Vergemeinschaftung der Schulden ein kleines Stückchen näher gekommen. Ob das Volumen insgesamt reichen wird, ist eine andere Frage. Die schon vor Corona aufgelaufenen ökonomischen Probleme in den südlichen Staaten sind gewaltig. Ein zweiter Anlauf, um nachzubessern, ist angesichts der offen zu Tage getretenen Widersprüche kaum vorstellbar.
Weitgehend außen vor blieben bei diesem Kompromiss die Interessen der arbeitenden Bevölkerung und des Kleingewerbes. Millionen von Arbeitsplätzen und Kleinbetrieben sind akut gefährdet. Das Hilfspaket ändert nichts an der krisenerzeugenden EU-Binnenstruktur und trägt wenig dazu bei, die katastrophalen Wirkungen von 20 Jahren Austeritätspolitik auszugleichen.