Ausblick auf die 60. Münchner Sicherheitskonferenz

Zurück in der Logik des Kalten Krieges

„Wir schicken jetzt eine Brigade der Bundeswehr nach Litauen. Und das ist ein ganz wichtiges Signal, das Deutschland sendet“, so Christoph Heusgen, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo). Der langjährige Merkel-Berater und ehemalige Vertreter der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen inszenierte sich im Interview bei Sandra Maischberger als Friedensstifter. Er setze sich für eine Verständigung zwischen den Kriegsparteien Ukraine und Russland ein, die im Grunde dem – von Deutschland sabotierten – Minsk-II-Abkommen ähneln würde.

Der deutsche Außenpolitik-Stratege erwähnte jedoch nicht, dass es dafür auch eine Verhandlungsbereitschaft gegenüber Russland bräuchte. Es stellt sich die Frage, mit wem verhandelt werden soll, wenn die Regierung Russlands (wie auch die Regierung des Iran) explizit nicht zur Sicherheitskonferenz eingeladen wurde.

Dieser Knick passt in die Selbstdarstellung der Münchner Konferenz, die ihrem Wesen nach eine Ansammlung staatlich organisierter Hinterzimmergespräche und Waffendeals ist, sich jedoch nach außen für ihren uneingeschränkten Dialog rühmt.

Doch aus Russland sind wie schon im Vorjahr nur westlich orientierte Oppositionspolitiker eingeladen. Ein Schelm, wer an die mediale Vorbereitung einer Nachkriegsordnung denkt. In berufsbedingter Kenntnis des realen Kräfteverhältnisses scheint es Heusgen eher darum zu gehen, der deutschen Öffentlichkeit weiterhin Kriegsbereitschaft abzuverlangen. Dazu passt auch, dass von den Bundestagsparteien erstmalig nicht nur die AfD draußen bleiben muss, sondern auch Sahra Wagenknechts Bündnis.

Über hundert Minister und zig Staats- und Regierungschefs werden nächste Woche in der Rüstungsmetropole München erwartet. Es ist Heusgens Verdienst, dass sich der deutsche Imperialismus trotz seiner handwerklich schwachen Außenministerin zur 60. Ausgabe der Tagung als Nabel der Welt präsentieren kann. Antonio Guterres soll die private Konferenz in München eröffnen, ließ Heusgen die dpa wissen. Der UN-Generalsekretär soll der SiKo wohl den Anschein eines anerkannten diplomatischen Forums geben. Auch Wang Yi, Chefdiplomat der Volksrepublik China, wird persönlich anwesend sein.

Diese Personalien passen nicht ins Bild der kriegstaumelnden deutschen Öffentlichkeit. Schließlich verteidigte der UN-Chef die Forderung nach einem Waffenstillstand in Gaza und kritisierte die israelische Regierung für ihre völkerrechtswidrige Kriegsführung. Deshalb steht der Konferenzchef in der Kritik der bellizistischen Leitmedien. Doch davon weiß Heusgen schnell abzulenken: Es geht ja nicht darum, die Haltung der Vereinten Nationen zur Beendigung des Kriegs in Palästina und Israel anzunehmen, sondern es gehe darum, mit den betroffenen Akteuren in einen Dialog zu treten – und dabei wohl deutsche Regierungspositionen zu propagieren.

Dass der UN-Generalsekretär die Konferenz eröffnet, hat also eine zweite Seite, die dem Interesse des deutschen Großkapitals entspricht – oder wie Heusgen es ausdrückt: „Wir haben aber auch den Anspruch, uns um die Weltordnung insgesamt zu kümmern.“

Dagegen haben zahlreiche Einzelpersonen, Initiativen und Organisationen wie die Gewerkschaften ver.di und GEW Protest angekündigt. Sie rufen für Samstag, 17. Februar, zur symbolischen Umzingelung des Tagungsorts auf. Los geht es ab 13 Uhr am Münchner Stachus.

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"Zurück in der Logik des Kalten Krieges", UZ vom 9. Februar 2024



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