Wenn ein SPD-Minister die Revolution ausruft, ist Skepsis geboten. Das Bekenntnis des ehemaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert drängt sich trotz seiner historischen Entfernung auf: „Ich will die soziale Revolution nicht. Ich hasse sie wie die Sünde.“
Nun hat Karl Lauterbach mit seiner Klinikreform nur eine Revolution im Gesundheitswesen und keine soziale angekündigt. Die Revolution ist allerdings halbherzig. Das Finanzierungssystem der Fallpauschalen in Krankenhäusern will Lauterbach nur weiter einschränken. Es gehört jedoch nicht eingeschränkt, sondern komplett abgeschafft. „Die Privatisierung muss in allen Bereichen zurückgedrängt werden. So wird es was mit der Revolution“, kommentierte die Gewerkschaft ver.di.
Im Mai forderte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler zu Recht, die Bedarfe der Patientinnen und Patienten sowie die dringenden Anliegen der Beschäftigten in den Mittelpunkt der Reformanstrengungen zu rücken. Sie verlangte, die Krankenhausreform müsse die bedarfsgerechte, wohnortnahe Versorgung und gute Arbeitsbedingungen der Krankenhausbeschäftigten sicherstellen. Ihr Fazit ist, dass die Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium nicht geeignet seien, diese Ziele zu erreichen.
Auch die zweite Säule der Krankenhausfinanzierung funktioniert nicht. Neben den laufenden Betriebskosten, die über die Krankenkassen finanziert werden, sollen die Bundesländer eigentlich die Kosten für Investitionen in Gebäude oder technische Geräte übernehmen. Doch die Länder kommen ihren Verpflichtungen nicht nach. Nach Angaben der Deutschen Kranken-hausgesellschaft standen im Jahr 2020 einem Investitionsbedarf von sechs Milliarden Euro nur die geleisteten Zahlungen von drei Milliarden Euro gegenüber. Hinter dem Geplänkel über die föderalistischen Zuständigkeiten und die Ablehnung der Reform durch die Bundesländer verbergen sich wohl in erster Linie finanzielle Interessen. Wenig überraschend fordern die Bundesländer im Vorfeld der Gesundheitsministerkonferenz vom 5. und 6. Juli in Friedrichshafen mehr Geld vom Bund. Das wird kaum fließen, denn die Ampel sieht zurzeit andere Prioritäten.
Lauterbach muss sich entscheiden, welche Interessen er mit der Reform bedienen will. Die der Patienten und der Beschäftigten oder die der Profiteure. Beides wird nicht möglich sein. So ist seine Revolution zum Scheitern verurteilt.