Ulf Immelt arbeitet sich verdienstvoll an Lindners Argumenten ab, man sollte allerdings einige grundsätzliche Aspekte einer fiskalischen Schuldenbremse im Auge behalten. Vor der jetzt gültigen gab es schon immer eine im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die ökonomisch sinnvoll zu vertreten war. Die Kreditaufnahme orientierte sich an den damit gegenfinanzierten öffentlichen Investitionen. Beispiel: Wenn ein neuer Kindergarten gebaut werden soll, kann die Gemeinde die notwendigen Investitionen durch zweierlei Einnahmen finanzieren: durch Steuern oder durch Kredite. Angenommen, er kostet 1 Million Euro. Die Gemeinde nimmt einen Kredit in gleicher Höhe auf, hat also Schulden von 1 Million Euro. Ist sie deshalb um 1 Million Euro ärmer geworden? Nein, denn den Schulden steht ja auch ein Guthaben im gleichen Wert gegenüber: Das Kindergartengebäude. Das kann nicht nur von der heutigen Generation genutzt werden, sondern auch noch von künftigen; es ist eine Investition für die Zukunft.
Den öffentlichen Schulden stehen also Guthaben in Form von Sachwerten in gleicher Größe gegenüber. Ein Großteil der öffentlichen Infrastruktur ist kreditfinanziert. Deshalb erben nachfolgende Generationen nicht nur die Schulden des Staates, sondern auch dessen Infrastruktur und somit Teile der damit verbundenen Lebensqualität einer Gesellschaft. Statt das Geld auf den Kapitalmärkten in Form von Krediten zu leihen, hätte der Staat es durch Steuern (zum Beispiel Vermögensteuer) direkt bei denen abschöpfen können, die es sowieso übrig haben. Denn von ihnen bekommt er es ja auch in Form der Schuldverschreibungen. Es hätte für die Gesellschaft den Vorteil, dass dafür keine Zinsen und Kredittilgungen zu zahlen wären. Damit wäre auch eine Schuldenbremse überflüssig.