Zu „IG Metall fordert sichere Arbeitsplätze und Umweltschutz“, UZ vom 13. März

Zukunft? Schlamassel

Peter Willmitzer, München

Erstaunt las ich den Artikel zur Metalltarifrunde. Was ist denn in den „Zukunftspaketen“ drin, die da beschworen werden? Auf Verlangen der IG Metall sollen in den jeweiligen Betrieben Verhandlungen über Personalentwicklung, Investitionen und Qualifizierung geführt werden. Die Sicherung der Arbeitsplätze soll durch bezahlte Kurzarbeit, Ausschöpfung der Arbeitszeitkonten und Vermeidung von Überstunden erreicht werden. Alles auf Kosten der Kollegen!

Betriebliche Aktionen in Form von Abstimmungen in der Belegschaft sollen das unterstützen. So wird von Anfang an ein gemeinsamer gewerkschaftlicher Kampf für eine einheitliche Forderung ausgeschlossen. Die müsste sein: Arbeitszeitverkürzung für alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Kein Wort fand ich über das „Moratorium“, ein Stillhalteangebot an das Kapital, mit dem sich die IG-Metall-Führung in ein Schlamassel begeben hat! Die Tarifkommissionen waren da außen vor bei der Entstehung. Die Antwort der Kapitalisten verwunderte nicht: Ja super, aber mit fünf Jahren Laufzeit und Einfrieren der Löhne.

Die Zerfahrenheit dieser Tarifrunde wird zusätzlich dadurch verschärft, dass in den maßgeblichen Konzernen der Autoindustrie solche „Zukunftspakete“ bereits verhandelt wurden. Fakten wurden geschaffen, Beispiel Audi. Die Betriebsräte ließen sich auf die Abbaumaßnahmen ein, statt mit ihrer Gewerkschaft organisiert gegen die Angriffe des Kapitals vorzugehen. Ergebnis bisher: 9.000 werden abgebaut. „Zukunftspakete“ heißt, der Kampf gegen die Folgen der Krise wird zum „Häuserkampf“, die Betriebsräte werden ohne Kampfmöglichkeit über den Tisch gezogen.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Kapital in dieser Tarifauseinandersetzung sehr geschlossen, kämpferisch und klassenbewusst auftritt. Ja, das ist Klassenkampf, den die IG Metall aufzunehmen hat!
Noch im Juli 2019 waren 15.000 Kollegen in Stuttgart auf der Straße, 50.000 in Berlin, um gegen die erwarteten Folgen der „Transformation“ zu demonstrieren. Daraus einen organisierten Widerstand aufzubauen bis zu dieser Tarifauseinandersetzung, das hat der Vorstand der IG Metall versäumt.

Es ist Zeit, dass sich die IG Metall mal wieder kämpferisch zeigt in dieser Tarifrunde. Handfeste Forderungen nach mehr Lohn und Arbeitszeitverkürzung müssen her! Das ist abrechenbar, das vereint die Beschäftigten in gemeinsamen Aktionen. Das stärkt die IG Metall insgesamt, wenn es gegen Arbeitsplatzabbau geht oder um Qualifizierung. Umgekehrt geht es nicht! Nämlich keine Lohnforderung aufzustellen, um das eine oder andere Zugeständnis bei den weichen Forderungen zu bekommen.

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"Zukunft? Schlamassel", UZ vom 27. März 2020



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