Einmal im Jahr findet in der Russischen Föderation (RF) ein einheitlicher Wahltag statt, dieses Jahr am 8. September. An diesem Tag werden vom Stadtrat und Bürgermeistern bis zu Parlamenten und Gouverneuren alle Gremien beziehungsweise Amtsträger gewählt, deren Amtszeit abläuft oder wo der Amtsinhaber zurückgetreten ist.
Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) hatte sich auf allen Ebenen und landesweit in den Wahlkampf eingemischt, in mehr als 100 Städten fanden Protestaktionen „Für ehrliche und saubere Wahlen statt!“. Inzwischen hat die Partei eine erste Auswertung vorgenommen. Fast überall ist die Regierungspartei „Einiges Russland“ (ER) nach wie vor stärkste Partei, wenn auch mit Einbußen. Nach Einschätzung der KPRF machen sich hier nun die Proteste und der Unmut gegen eine unsoziale Rentenreform, weiteren Sozialabbau und Privatisierung bemerkbar.
„Die KPRF bewegt sich voran, wenn auch nicht so schnell, wie man es sich wünschen würde“, so Iwan Melnikow, Stellvertretender Vorsitzender der KPRF und Stellvertretender Vorsitzender der Staatsduma der RF.
Gesetzgebende Versammlungen wurden in 13 Föderationssubjekten der RF gewählt, 12 nach einem gemischten System von Parteilisten und Wahlkreisdirektkandidaturen, eine – in Moskau – nur mit Wahlkreisdirektkandidaturen.
In zehn Regionen ist die KPRF zweitstärkste Partei geworden, meist nach der Regierungspartei ER, und hat ihre Ergebnissen im Vergleich zu den letzten Wahlen fast überall verbessert. Einige Beispiele (in Klammern die Ergebnisse der vorherigen Wahlen):
Republik Altaj KPRF 29,5 Prozent (12,11 %); ER 34,18 Prozent (44,7 %).
Republik Marij El KPRF 27 Prozent (13,8), ER 37,43 Prozent (65).
In den nach Referenden 2014 in die RF eingetretenen neuen Föderationssubjekten Krim und Sewastopol fanden zum zweiten Mal Wahlen zu den gesetzgebenden Versammlungen statt. Bei den ersten Wahlen wenige Monate nach dem Beitritt zur RF hatte die Regierungspartei ER überragende Ergebnisse, die KPRF konnte die 5-Prozent-Hürde nicht überwinden. Dies ist nun in beiden Regionen anders. In der Krim wurde die KPRF mit 8,2 Prozent (4,5 %) die drittstärkste Partei, die Regierungspartei ER fiel von gut 70 Prozent auf knapp 55 Prozent. In Sewastopol erhielt die KPRF 19 Prozent (3,7 Prozent), die ER 38,13 Prozent (76,62 Prozent).
Besonderes Interesse riefen auch im Ausland die Wahlen zum Moskauer Stadtrat hervor, auch weil dort vom Westen massiv unterstützte Proteste der „liberalen Opposition“ stattfanden. Die KPRF ist nun zweitstärkste Partei, sie hat ihr Ergebnis verdreifacht. Die Regierungspartei ER hatte offiziell keine Kandidaten aufgestellt, sondern trat mit vermeintlich unabhängigen Kandidaten an. De facto hat ER ein Drittel der Sitze verloren. Die KPRF errang 13 von 45 Mandaten, drei Sitze hat die sozialdemokratische Partei „Gerechtes Russland“, auch die prowestlich orientierte Partei „Jabloko“ hat nur drei Sitze, einen ein unabhängiger Oppositioneller. Von der KPRF wird das Moskauer Ergebnis als größter Erfolg gewertet. Die linke Internet-Zeitung „Swobodnaja Pressa“ bemerkte zu den Wahlen in Moskau, dass die bisherigen Methoden der Manipulation durch die Behörden nicht mehr funktionieren.
In den 13 Föderationssubjekten, in denen gesetzgebende Versammlungen gewählt wurden, ist die Gesamtzahl der Mandate der KPRF von 40 auf 72 gestiegen.
Außerdem wurden in 16 Föderationssubjekten Gouverneure gewählt. In allen Regionen wurden die derzeitigen Gouverneure oder kommissarischen Gouverneure, die alle der Partei ER angehören oder von dieser unterstützt wurden, im ersten Wahlgang wiedergewählt. Die KPRF hatte darauf gehofft, in einigen dieser Regionen in eine zweite Runde zu kommen.
Neben diesen Wahlen fanden auch zahlreiche Kommunalwahlen statt, bei denen es vielerorts Stimmengewinne für die KPRF gab. Insbesondere im südsibirischen Chakassien und dem Verwaltungsbezirk Irkutsk, wo die KPRF jeweils den Gouverneur stellt, gab es bei nun stattfindenden Kommunalwahlen in vielen Kommunen Erfolge für die KPRF.
Auch in der drittgrößten Stadt der RF, in Nowosibirsk, wurde der KPRF-Bürgermeister Anatolij Lokotj im ersten Wahlgang wiedergewählt.
Die Wahlbeteiligung war sehr niedrig, wenn auch nicht niedriger als es im Allgemeinen bei solchen Wahlen der Fall ist. Im Durchschnitt betrug sie an diesem Wahltag nach Aussage der zentralen Wahlkommission 33,75 Prozent, bei den Stadtratswahlen in Moskau betrug sie 22 Prozent.
Die KPRF weist darauf hin, dass es, wie auch bei vergangenen Wahlen, landesweit Verstöße gegen die Wahlgesetzgebung und Fälschungen gegeben hat. Dies reicht von rechtswidrig verweigerter Zulassung von Kandidaten bis zu nicht existenten Personen in den Wahllisten und zusätzlichen Stimmzetteln in den Urnen. Die KPRF hatte fast überall eigene Wahlbeobachter und hat alle bekannt gewordenen Vorfälle veröffentlicht.