Mehr als 40.000 getötete Palästinenser in Gaza. Deutsche Medien rechtfertigen Völkermord

Zu viele Namen

Es ist kein Geheimnis, dass die bürgerlichen Medien in diesem Land der deutschen Staatsräson verschrieben sind. Von Fakten nur selten erschüttert, stehen sie fest an der Seite Israels, egal, welche Verbrechen das Land begeht. Alles ist erlaubt im Namen der „Selbstverteidigung“. Und so war die Berichterstattung zum 7. Oktober dann auch wie zu erwarten. Viel „Opfer der Hamas“, wenig bis kein palästinensisches Leid. Besonders unangenehm fiel in dem Reigen der Tatsachenverdrehung der „Deutschlandfunk“ auf. Dessen Moderator Moritz Küpper schwafelte in den „Informationen am Morgen“ über den 7. Oktober als „Auslöser für viele Kämpfe in der Region“, „eine Art Vielfrontenkrieg mit zehntausenden Toten auf verschiedenen Seiten“. Das ist an Verachtung gegenüber den Palästinensern kaum zu überbieten. Und selbstverständlich berichtete der „Deutschlandfunk“ ausgiebig über die Gedenkveranstaltungen, bei denen in New York, Warschau und Berlin die Namen der am 7. Oktober bei den Angriffen der Hamas und ihrer Verbündeten Gestorbenen und Entführten verlesen wurden. Andere Städte erwähnte er nicht.

Und das aus gutem Grund: Ob Dublin oder London, ob Rom oder Madrid, Sydney, Seoul, New York oder Berlin – weltweit gingen die Menschen auf die Straße, um gegen den seit zwölf Monaten andauernden Völkermord an den Palästinensern zu demonstrieren. Sie verurteilten dabei auch die Eskalation durch Israel, die terroristischen Angriffe auf den Libanon, die Bombardierung Syriens und die Drohungen gegen Teheran.

Bilanz zog auch das UN-Nothilfebüro (OCHA) nach zwölf Monaten Krieg gegen Gaza. Das Geschehen sei eine „unaufhörlichen Tragödie“. Keine Statistik und keine Worte könnten laut OCHA das Ausmaß der physischen, psychischen und gesellschaftlichen Zerstörung, das in Gaza stattgefunden habe, in vollem Ausmaß wiedergeben. „Schulen, in denen vertriebene Familien untergebracht sind, wurden wiederholt beschossen, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Krankenhäuser wurden systematisch angegriffen und Hilfskonvois wurden immer wieder blockiert und sogar beschossen.“ Menschen lebten mit extremen Entbehrungen, ohne ausreichend Essen oder medizinische Versorgung. OCHA rief andere Länder auf, ihren Einfluss geltend zu machen, damit das humanitäre Völkerrecht, das den Schutz von Zivilisten verlangt, eingehalten wird.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens sind in Gaza – genauso wie Journalisten – von Berufs wegen besonders gefährdet. Ähnliches verzeichnen die Vereinten Nationen nun auch für den von Israel überfallenen Libanon. Dort gab es einen schnellen Anstieg von Angriffen auf das Gesundheitswesen. Nach UN-Angaben wurden bereits mehr als 70 Arbeiter im Gesundheitswesen getötet, darunter zuletzt 28 innerhalb von 24 Stunden. Das Ärztesyndikat im Libanon sprach von einem „Massaker Israels gegen libanesisches medizinisches Personal“.

Am Dienstag, dem 368. Tag des israelischen Völkermords, teilte das Gesundheitsministerium von Gaza mit, die israelischen Besatzer hätten in den letzten 24 Stunden Massaker an acht Familien in Gaza verübt. Dabei starben 56 Menschen, 278 wurden verletzt. Das erhöht die Zahl der Todesopfer in Gaza seit dem 7. Oktober auf 41.965. Das sind die Opfer, die geborgen wurden. Viele sind immer noch unter Trümmern begraben, unerreichbar für Zivilschutz oder Rettungskräfte.

Die „zehntausenden Toten“ sind Palästinenser.

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"Zu viele Namen", UZ vom 11. Oktober 2024



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