Erklärung des LL-Demo-Bündnisses

Zu den Polizeiübergriffen auf der LL-Demonstration am 10. Januar

Am 10. Januar 2021 fand die traditionelle Demonstration zu Ehren von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht vom Frankfurter Tor zum Friedhof der Sozialisten in Berlin Friedrichsfelde statt. Rosa und Karl waren am 15. Januar 1919 von Freikorpssoldaten ermordet worden.

An der diesjährigen Demonstration nahmen ca. 3.000 Menschen teil. In Anbetracht der Tatsache, dass auf Grund der bekannten Umstände bundesweit kaum mobilisiert werden konnte und nur sehr wenige ältere Genossinnen und Genossen an der Demonstration teilnahmen, ist diese Teilnehmerzahl durchaus respektabel.

Die Hygienebestimmungen wurden weitgehend eingehalten und in den Gesprächen zwischen der Polizeiführung und der Demo-Leitung war es zu keinem Zeitpunkt ein Thema, dass Hygienebestimmungen nicht eingehalten würden.

Vielmehr wurde uns mitgeteilt, dass Demonstranten Kennzeichen verfassungswidriger Vereinigungen mit sich führten. Gemeint waren nicht auf anderen Demonstrationen unbehelligt getragene schwarz-weiß-rote Fahnen oder Judensterne mit der Aufschrift »ungeimpft« – beides ist auch nicht verfassungswidrig! Gemeint waren vier oder fünf blaue Fahnen mit dem FDJ-Symbol und Demo-Teilnehmer im Blauhemd.

Alle Versuche, die Polizeiführung von der Rechtslage zu überzeugen, blieben ergebnislos. Tatsache ist, dass die FDJ, die Anfang der fünfziger Jahre in der alten Bundesrepublik verboten wurde, auf dem Territorium der früheren DDR erlaubt ist, weil der Einigungsvertrag gewährleistete, dass keine aus der DDR stammende Organisation verboten wird. Das in den alten Bundesländern geltende Verbot gilt also für den Osten nicht. Der Versuch, diesen Sachverhalt über einen diensthabenden Staatsanwalt oder Richter zu klären, scheiterte laut Aussagen der Polizei an der Unerreichbarkeit dieser. Drei MdB der Partei DIE LINKE, die Genossinnen Sevim Dagdelen und Ulla Jelpke sowie Genosse Dr. Alexander Neu, beteiligten sich aktiv an den Bemühungen, die juristischen Sachverhalte aufzuklären und wir bedanken uns für ihr sehr solidarisches Verhalten.

Die Polizeiführung blieb bei ihren alternativen Fakten und setzte die Polizeikräfte ein, um die nicht-verfassungsfeindlichen Symbole aus dem Zug zu entfernen. Dies geschah mit großer Brutalität. Es wurde geschlagen, getreten, geschubst, und Pfefferspray kam zum Einsatz. Demonstranten wurden unflätig beschimpft, es wurden Verhaftungen durchgeführt und es gab zum Teil schwere Verletzungen unter den Demo-Teilnehmern. Manche Demonstranten sprachen von einer sichtbaren Lust einiger Polizisten, Gewalt anzuwenden. Die Polizei-Attacken richteten sich nicht »nur« gegen die Trägerinnen und Träger der nichtverbotenen Embleme, sondern umfänglich gegen viele sich in der Nähe befindlichen Demonstranten.

Ja, es gab vereinzelte Flaschenwürfe und einige Feuerwerkskörper wurden gezündet. Davon halten wir nichts. Aber die unverhältnismäßig angewandte Gewalt der Polizeikräfte provozierte auch solche vereinzelten Reaktionen. Diejenigen, die seit Jahrzehnten

Teilnehmer der LL-Demo sind, haben solche Exzesse aus der zweiten Hälfte der 90er Jahre in Erinnerung. Die Innensenatoren stellte damals mit den Hartlinern Schönbohm und Werthebach die CDU. Das Bündnis unterstützt alle rechtlichen Schritte, die im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Polizei am Sonntag eingeleitet werden.

Etwa eine Stunde lang stand die Demo-Leitung vor der Frage, ob die Demonstration unter diesen Umständen durchgeführt werden kann. Nachdem wir uns mit den FDJ-Teilnehmern öffentlich und natürlich in unseren Verhandlungen uneingeschränkt solidarisiert hatten, baten wir gegen 11 Uhr im direkten Gespräch die FDJ-Mitglieder um einen Kompromiss, der nicht zu Stande kam.

Dies ist eine erste Erklärung zur Luxemburg-Liebknecht-Demonstration, die ihr Ziel, den Friedhof der Sozialisten, dennoch erreichte. Dafür dankt das Bündnis allen Demo-Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die das – trotz des exzessiven Vorgehens der Polizei – durch ihre Standhaftigkeit ermöglichten. Die Auswertung der Demonstration ist mit der Bündnissitzung vom 11. Januar 2021 nicht beendet; denn vieles gilt es in Vorbereitung der LL-Ehrung im Januar 2022 weiter zu bedenken.

Doch bereits am 15. Januar 2021 sollten wir zahlreich am Gedenken an Rosa und Karl am Landwehrkanal teilnehmen (Treffpunkt 18:00 Uhr, Start am Elefantentor).

Zugleich rufen wir abschließend mit dazu auf, dass sich viele Menschen am Stillen Gedenken beteiligen, welches am 14. März 2021 anlässlich des 150 Geburtstages von Rosa Luxemburg (5. März 1871) in Berlin Friedrichsfelde stattfinden wird.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.



UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
Unsere Zeit