Der Internationale Frauentag stand von Anbeginn im Zeichen des Kampfes gegen Militarismus und Krieg, für die Erhaltung des Weltfriedens. Auf der Zweiten Internationalen Konferenz sozialistischer Frauen 1910 in Kopenhagen wurden als Reaktion auf die wachsende Kriegsgefahr Entschließungen zur „Erhaltung des Friedens“ und zur „internationalen Bekämpfung des Militarismus und Sicherung des Friedens“ eingebracht.
Auch Kunstschaffende befassten sich mit dem Thema Krieg – unter ihnen die herausragende Käthe Kollwitz, die in ihrem Werk den Krieg auf unauslöschliche Weise anprangert. Kollwitz, die beide Weltkriege erlebte, Anfang des ersten Weltkrieges ihren Sohn verlor, im zweiten ihren Enkel, schuf 1921 bis 1922 den Holzschnittzyklus „Krieg“. Sieben Blätter thematisieren zentrale Aspekte des Krieges: „Das Opfer“, „Die Freiwilligen“, „Die Eltern“, „Die Witwe“, „Die Witwe II“, „Die Mütter“, „Das Volk“.
„Die Eltern“ zeigt zwei kniende, untrennbar in- und übereinander geneigte Figuren ohne die Kraft zu stehen in ihrer dunkelsten Stunde, in ihrem Gram über den Tod ihres Kindes. Die Frau gräbt sich tief in die Armbeuge des Mannes, sucht Halt in ihm. Ihr Gesicht ist nicht zu sehen. Er lehnt sich schützend über sie und hält sie seitlich mit Arm und Hand. Den eigenen Kopf zwischen den Schultern eingezogen, stützt er sich gleichzeitig auf sie und bedeckt mit der anderen großen Hand verzweifelt das eigene Antlitz. Das erschütterte Paar bildet zusammen eine Kegelform in absoluter Geballtheit, aufs Äußerste konzentriertem Schrumpfen in eine gemeinsame Form. Die schwarze Farbe unterstreicht den unfassbaren Schmerz, durch die Bearbeitung des Holzes entstehen Kontraste – so die horizontalen Linien des Halt gebenden Mannes mit den gekrümmteren Linien des Gewandes der Mutter, deren Rücken die am stärksten im Holz bearbeitete Stelle des Werkes ist. Auch der dramatische Gegensatz zwischen der dunklen, monumentalen Darstellung mit dem hellen Hintergrund verschärft die Wirkung. Ein wesentliches Moment der Komposition ist, dass Betrachter die Gesichter nicht sehen, sondern dass die starke emotionale Wirkung aus der Körpersprache der nahezu zu einer verschmolzenen Figuren entsteht. Ihre Verzweiflung vermittelt sich dadurch, dass sie sich nicht nach außen, sondern sehr privat nach innen richtet. Betrachter werden somit zwar Zeugen des Schmerzes, bleiben aber dennoch Beobachter. Unsere Menschlichkeit angesichts solchen Schmerzes wird herausgefordert und erzeugt die Erschütterung, die wir noch heute, und gerade heute wieder, angesichts dieses Werkes empfinden.
Eine gewisse Ähnlichkeit in der Komposition ist in dem Bild der 1999 in Gaza geborenen palästinensischen Künstlerin Malak Mattar zu erkennen. In diesem Bild „Wir haben auf dieser Erde, was das Leben lebenswert macht“ legt eine Mutter ihre Arme schützend um ihre Tochter, umrahmt deren Gesicht und Oberkörper ganz, schafft Sicherheit und Geborgenheit. Sie hält ihre Augen geschlossen und scheint von Frieden zu träumen: die Ärmel ihrer Bluse sind mit weißen Tauben und bunten Blumen verziert. Die ernsten braunen Augen des Kindes sind geöffnet und bilden einen Kontrast zur Mutter, wie auch ihr Kleid, das farblich etwas kontrastiert und Motive von Olivenzweigen mit ihren länglichen grünen Blättern und kleinen Früchten zeigt. Neben der Tatsache, dass Olivenbäume starke Symbolkraft für Palästina haben, gilt der Olivenzweig bereits seit der griechischen Antike als Sinnbild für Frieden. Auch Picassos Taube trägt einen Olivenzweig im Schnabel. In diesem Bild sind beide Symbole enthalten, vereint in der Sehnsucht nach Frieden. Ein herrliches friedliches, mediterranes Himmelsblau umrahmt die Komposition. Das Werk gibt eher Hoffnung als Verzweiflung Ausdruck, spricht von innigster Liebe zwischen Mutter und Kind und wirkt so auf die Betrachter. Die Kraft, die von dem Gemälde ausgeht, vermittelt das Gefühl, dass die Künstlerin sich weiter für Frieden und Gerechtigkeit in ihrer Heimat einsetzen wird.
Mattar verarbeitet ihre Kriegserfahrung durch ein Entgegenhalten kräftiger Farben und dem Vermitteln von Zuversicht. Sie hat in ihrem Leben bereits fünf Kriege erlebt und sagt über das Trauma des Krieges: „Es ist nicht etwas, das man loslassen, abschütteln kann; er dringt in dich ein und wird ein Teil von dir. Wie kann man etwas verarbeiten, das noch nicht zu Ende ist? Menschen überleben den Krieg nicht, er schädigt die psychische Gesundheit.“
Natürlich muss man unterscheiden zwischen Unterdrückungs- und Befreiungskriegen, zwischen imperialistischer Eroberung und Bekämpfung derselben. Antiimperialistische Kriege bringen ein anderes Bewusstsein unter der Bevölkerung mit sich.
Anfang 1942 wurde die Künstlerin Sofia Sergejewna Uranowa (1910 bis 1988) eingezogen und blieb bis Kriegsende in ihrer Division, mit der sie bis nach Deutschland zog. Für ihre militärische Tapferkeit erhielt Uranowa den Orden des Roten Sterns sowie die Medaillen „Für die Befreiung Warschaus“, „Für die Einnahme Berlins“ und „Für den Sieg über Deutschland“. Sie erlebte Beschuss, Bombardierung, Leiden und Tod von Freunden. Dieser Alltag wurde zum Leitmotiv ihrer Kunst. Uranowa hinterließ ein einzigartiges künstlerisches Erbe. Im Mittelpunkt der Bilder stehen Menschen, die sich ihrer Menschlichkeit angesichts eines inhumanen Gegners wie auch ihres letztendlichen Triumphes sicher sind.
In dieser Zeichnung eines Feldlazaretts, „Diensthabende Krankenschwester“ von 1944 (in Bleistift unten: Babi Chutor, bei Minsk, Schwester Natascha), richtet die Krankenschwester inmitten der Verwundeten ihren müden Blick auf die Betrachter. Für den Augenblick sind die Patienten umsorgt. Doch alle hier Dargestellten werden weiterkämpfen, sie sind keineswegs entmutigt, sondern sammeln neue Kraft. Bis heute ist diese Erinnerung lebendig und noch immer identifizieren sich die Menschen in Russland sowie auch den ehemaligen Sowjetrepubliken mit ihrem Sieg über den deutschen Faschismus. Zum 9. Mai sieht man bis ins kleinste Dorf die Aufschrift: „Keiner wird vergessen! Nichts wird vergessen!“
Einen ähnlichen Stolz strahlen die Darstellungen vietnamesischer Künstlerinnen auf ihre heroische Befreiungsarmee aus. Auch hier kämpften Frauen an der Seite der Männer für ihre Befreiung, wie die 1932 geborene Trịnh Kim Vinh das in ihrer Lithographie „Operation durch den Dschungel“ während des Krieges 1973 gestaltet. Trịnh erhielt Auszeichnungen für ihre Rolle im Widerstand sowie für ihren Beitrag zur Kunst Vietnams. Von 1964 bis 1969 studierte sie Kunst in Hanoi, malte am Kriegseinsatz beteiligte Frauen. Sie absolvierte 1970 bis 1973 ein Aufbaustudium in Lithographie an der Dresdener Hochschule für Bildende Künste und spielte über Jahrzehnte eine leitende Rolle an der Kunsthochschule Hanoi.
In ihrer Lithografie „Operation durch den Dschungel“ zeigt Trịnh sechs Kämpfer bei Nacht im dichten Dschungel, andere folgen aus dem Dickicht. Die Männer tragen schwere Waffen, eine Frau im Vordergrund ist durch ihrer Sanitätertasche gekennzeichnet, eine weitere geht hinter ihr. Betrachter spüren Kameradschaft und Zuversicht.
Kriege manifestieren sich oft als vom Aggressor verursachte Sanktionen und Hungersnöte. Einen solchen Holocaust erlitt das irische Volk Mitte des 19. Jahrhunderts, als über eine Millionen Menschen verhungerten bei gleichzeitiger Nahrungsmittelausfuhr aus Irland nach England. Dieser Genozid war und bleibt ein nationales Trauma. Einhundert Jahre danach malte die irische Künstlerin Lilian Lucy Davidson 1946 „Gorta“ – das irische Wort für „Hunger“, heute ist „An Gorta Mór“ (Der große Hunger) der Begriff für die Hungersnot – eine „ethnische Säuberung“ im Kolonialstil, die über Leningrad bis nach Gaza anhält.
Davidson malt die Beerdigung eines Säuglings in einem Stil, der an Kollwitz, zum Beispiel das Blatt „Not“ aus dem Zyklus „Der Weberaufstand“ (1893/94), erinnert. Gespenstisch muten die skeletthaften, in Lumpen gekleideten Figuren an, selbst nahe dem Hungertod. Zwei Frauen und ein Mann werden gezeigt. Die Frau, die das Baby ganz in ein Tuch eingehüllt hält, wahrscheinlich die Mutter oder Großmutter, blickt nach unten – die Diagonale von ihrem Blick geht über das Kind Richtung Spaten, mit dem der Vater das winzige Grab ausheben wird. Nur die kleinen Füße stecken aus dem Tuch hervor. Die Frau auf der anderen Seite des Mannes wendet sich mit geschlossenen Augen dem Betrachter zu – als sei sie blind. Möglich, sie ist die Mutter, die vor Hunger und Verzweiflung vielleicht nicht mehr bei Sinnen ist. Das Alter der drei Erwachsenen ist schwer auszumachen, zu sehr haben sie gelitten. Die Komposition hat eine Dreiecksform, mit dem Kopf des Mannes an der Spitze. Er blickt die Betrachter direkt und unversöhnlich an. Trotz größter Abmagerung strahlt er Stärke aus, die durch die Diagonale von seinem Ellenbogen bis zur Spatenspitze geht. Der Spaten kann schnell zur Waffe werden. Er wird sein Kind begraben, aber vergessen wird er nichts, und er wird Rache nehmen. Wie in Kollwitz’ Blatt „Not“ oder auch in van Goghs Werk „Die Kartoffelesser“ (1885) sind die Elenden in Dunkelheit. Sie setzt vor allem braune Erdtöne und dunkles Blau ein. Doch bleibt der Himmel direkt hinter den Figuren hell und vermittelt einen gewissen Hoffnungsschimmer.
Was vermag die Kunst? In der Auseinandersetzung mit den hier vorgestellten Kunstwerken setzen wir als Betrachter das Dargestellte mit unserer Gegenwart in Beziehung, erleben durch unsere emotionale und rationale Betroffenheit unsere Menschlichkeit in Mitgefühl und Solidarität, Zorn und Willen, die Welt zu verändern.