Union will Arbeitsschutzkontrollgesetz „entschärfen“

Zeitarbeiter für die Grillsaison

Eigentlich sollte an diesem Freitag im Bundestag das neue Arbeitschutzkontrollgesetz beraten werden. Ende Juli hatte die Bundesregierung die damit verbundenen Regelungen beschlossen. Im September fand im Bundestag die „erste Lesung“ statt, am 5. Oktober eine Anhörung zum Thema. Doch nun hat die Fraktion von CDU und CSU dafür gesorgt, dass der entsprechende Tagesordnungspunkt vom Sitzungsplan für diese Woche gestrichen wurde. Damit wird die Zeit knapp. Nicht nur die Lobbyisten aus der Fleischindustrie haben „gut gearbeitet“.

Offenbar sollen die vorgesehenen Einschränkungen und Verbote massiv aufgeweicht werden. Das Arbeitsschutzkontrollgesetz aus dem Ministerium von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht vor, dass Kerntätigkeiten in der Fleischwirtschaft künftig nicht mehr von betriebsfremden Beschäftigten ausgeführt werden dürfen. Werkverträge und Leiharbeit sollen in der Branche von 2021 an verboten sein: Werkverträge ab dem 1. Januar 2021, Zeitarbeit ab dem 1. April. Ausgenommen sind Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern. Eingeführt werden sollen künftig außerdem eine Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung, Mindestanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte und eine Mindestquote für Arbeitsschutzkontrollen. Dass Tönnies und Co. einen solchen großen Eingriff in ihr ausbeuterisches Geschäftsmodell nicht einfach hinnehmen würden, war schon vorher klar.

Deutlich wurde das unter anderem im Zusammenhang mit der Anhörung im Bundestag. Die drei Spitzenverbände der Fleischwirtschaft waren nicht geladen. Unterstützung erhielten sie jedoch von Roland Wolf und damit von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der das Verbot von Leiharbeit und Werkverträgen als „höchst problematisch“ kritisierte. Gehört wurden an diesem Tag Vertreter des Fleischereihandwerks. Auch die forderten Korrekturen am Gesetzentwurf. Herbert Dohrmann, selbst Inhaber einer Fleischerei und Präsident des Deutschen Fleischer-Verbands, wies auf die gänzlich unterschiedliche Mitarbeiterstruktur von Handwerks- und Industriebetrieben hin, aber auch darauf, dass die Grenze von 49 Mitarbeitern auch im Handwerk schnell überschritten sei.

Offenbar versucht die Unionsfraktion mit der Absage der Debatte im Bundestag Zeit zu gewinnen, um entsprechende Kompromisse durchzusetzen. Laut „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ wolle die Unionsfraktion in einigen Punkten „nachjustieren“: „Die Sozialdemokraten verweigerten sich einer sachgerechten Regelung für besondere Auftragsspitzen in der Fleischverarbeitung, sagte Unions-Fraktionsvize Hermann Gröhe. Diese gebe es etwa in der Grillsaison. Hier wolle die Union ‚in einem eng begrenzten Rahmen’ Zeitarbeit erlauben.“

Für Hubertus Heil und die SPD, aber auch für die Linkspartei und die Grünen ist das Verhalten der Union, die im Bundeskabinett den vorgesehenen Regelungen zugestimmt hatte, in dieser Frage ein nicht akzeptabler Vorgang. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf der Union eine Blockade zugunsten von Lobbyinteressen vor. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Katja Mast entgegnete auf Gröhes Auslassungen: „Die Grillsaison gönn‘ ich jedem. Danach kommt bei uns die Gulasch- und Rouladensaison, danach Weihnachten. Aber immer schmeckt das Fleisch ohne Leiharbeit und Werkverträge besser.“

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"Zeitarbeiter für die Grillsaison", UZ vom 6. November 2020



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