Erklärung der Kolumbianischen Kommunistischen Partei nach der Rückkehr von Teilen der FARC zum bewaffneten Kampf

Zeit für echten Frieden!

Aus VOZ, Wochenzeitung der Kolumbianischen KP, 4. September 2019

Erläuterungen

Frente Nacional:

Nationale Front; abgesprochener, vierjähriger Machtwechsel zwischen beiden erwähnten Parteien zwischen 1958 und 1974

Plan Laso:

Latin American Security Operation; US-Aufstandsbekämpfungsplan der 60er Jahre, der die FARC-Gründung zur Folge hatte

Marquetalia:

1964 attackierte freie Zone liberaler und linker Bauern

Centro Democratico:

Rechtskonservative Partei von Uribe und dem Präsidenten Iván Duque

Das kolumbianische Volk hat das Pech, über zweihundert Jahre von Eliten regiert worden zu sein, die aus der Gewalt und dem Krieg die Art gemacht haben, mit der sie ihre Widersprüche über die Methodik bei der Staatsbildung und das Machtmonopol durch entweder die Konservative oder die Liberale Partei ausgetragen haben.

Die regierenden Eliten haben uns die zwanzig Bürgerkriege des 19. Jahrhunderts, die Gewalt und die Barbarei des 20. Jahrhunderts, die Opfer und Gewalttätigkeiten der offenen und verdeckten Diktaturen wie der „Frente Nacional“ gebracht, die – in Ausübung der im „Plan LASO“ beinhalteten Repression gegen die Bauern – Marquetalia angriffen und bombardierten, mit den Folgen von Tod und Zerstörung.

Die defensive Antwort der Bauern war die Gründung der FARC-EP, einer Guerilla, die über mehr als fünfzig Jahre gegen ein Heer kämpfte, das von den Vereinigten Staaten ausgebildet und bewaffnet wurde. Die Resultate waren Opfer und Desaster, wie sie alle Kriege bringen. Die lange und, was menschliche und materielle Werte angeht, mit hohen Kosten verbundene Dauer des Guerillakampfes und die zwischenzeitlichen Veränderungen in der Welt und im Land eröffneten die Möglichkeiten, dass in Kolumbien der legale politische Kampf eine Änderung des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems möglich macht und eine wirkliche Demokratie, die Einbeziehung aller, die Rückgewinnung der Souveränität und der Aufbau einer Außenpolitik im Interesse der Nation einführbar würde.

All das brachte mit sich, dass die Führung der FARC-EP die Möglichkeiten erörterte, den bewaffneten gesellschaftlichen Konflikt über einen Dialog mit dem Staat, vertreten durch die Regierung und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und besonders der Opfer, zu beenden. Nach gut dreißig Jahren der Versuche, den Frieden über Dialog auszuhandeln, erreichte man schließlich mit Unterstützung der UN und Garantenländern wie Kuba, Norwegen und Venezuela das Friedensabkommen, das den gesellschaftlichen und bewaffneten Konflikt in Kolumbien beendete.

Die Regierung von Juan Manuel Santos setzte aufgrund des kriegerischen Drucks von Álvaro Uribe, dem Sprecher des Großgrundbesitzes, der opportunistischen Pastoren einiger christlicher Sekten und der Paramilitärs, nicht mit der gebotenen Geschwindigkeit die Inhalte der Vereinbarung um und beendete sein Mandat, ohne die integrale Landreform, die parlamentarischen Sitze für die Konfliktzonen und andere Elemente der Gesellschaftspolitik umgesetzt zu haben, was so wichtig als Bedingung für den endgültigen Frieden wäre.

Die Versuche des „Centro Democrático“, das Friedensabkommen in Stücke zu reißen, die Tricks und Gesetzesvorhaben seiner Vortänzer im Senat, mit tatkräftiger Unterstützung des Präsidenten Iván Duque, säten Zweifel und Furcht bei einigen der Demobilisierten, schufen Sorge in der Gesellschaft und Angst um die Zukunft des Landes. Wenn wir die Nachlässigkeit der Regierung gegenüber den Hunderten von Morden an Menschenrechtsverteidigern und gesellschaftlichen Aktivisten in Betracht ziehen, dann verstehen wir die kritische Situation für den gerade erst errungenen Frieden. Der Vorschlag der extremen Rechten ist, das Chaos im Land zu schüren, um aus diesem dunklen Panorama Honig zu saugen.

Diese Lage bedeutet eine Herausforderung für das Volk, die Akademie, die fortschrittlichen Kräfte, für die Katholische Kirche, für die Lehrerschaft, die Künstler und das gesunde Unternehmertum. Es ist Zeit für eine massive Mobilisierung; wiederholen wir die Demonstrationen zur Verteidigung der Friedensvereinbarungen, wiederholen wir mit José Martí: „Es ist Zeit für weitreichende Entscheidungen, und nur darum geht es.“ Das mutige kolumbianische Volk verdient und braucht einen definitiven, vollständigen Frieden. Es ist die Pflicht aller authentischen Demokraten, alsbald und in Einheit die Realisierung von Plänen zur Organisierung der Verteidigung der Demokratie und der Reformen für Gleichheit und Wohlergehen der ausgegrenzten Teile der Bevölkerung anzugehen, um ein vollständiges friedliches Zusammenleben zu erreichen.

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"Zeit für echten Frieden!", UZ vom 13. September 2019



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