Angriffe auf Nicaragua halten an

Zähnefletschen

Von Enrique Herrera, Managua

Kaum waren Anfang März die formalen Regularien vorab geklärt, da versuchte der aggressivste Teil der antisandinistischen Akteure, die Verhandlungen mit der Regierung Nicaraguas wieder zu sabotieren. Militante Mitglieder der Bischofskonferenz, die den Dialogversuch Mitte letzten Jahres zum Scheitern gebracht hatten, zwangen ihren Vorsitzenden Erzbischof Brenes, der zuvor einen Zeugen-Status akzeptiert hatte, zum Rückzug. „Wir überlassen es den Laien, Lösungen zu finden“, erklärte Brenes. Er brüskierte Papst Franziskus, dessen Nuntius Bischof Waldemar Sommertag nun alleine den Verhandlungen beiwohnen muss. Die Alíanza Cívica offenbarte, wer sie an der Leine führt. „Die katholische Kirche hat uns ausgewählt, wir mussten abwarten, was sie macht“, begründete der Konservative Carlos Tünnerman sein zwischenzeitliches Fernbleiben. Der Unternehmervertreter Mario Arana, Vorsitzender der Handelskammer USA-Nicaragua, sprach von „Dissidenten“ in seiner Allianz. „Sie sind gegen Verhandlungen, aber es sind unterschiedliche Taktik-Vorstellungen bei gleichem Ziel.“

Das Ziel ist bekanntlich die Beendigung der FSLN-Regierung. Während Arana verhandeln will, setzen die Dissidenten auf Gewalt. Am selben Tag, als die Regierung 50 wegen Putschaktivitäten im letzten Jahr Inhaftierte in den Hausarrest entließ, versuchten kleine Gruppen, mit brennenden Reifen und Schlägereien Terror unter Autofahrern und Passanten im Zentrum Managuas zu verbreiten. Die Polizei nahm 107 Beteiligte an dieser „Demonstration“ vorübergehend fest. Unter ihnen der Opus-Dei-Sektierer Humberto Belli, Bildungsminister von 1991 bis 1998, der die kostenfreie Schulbildung beseitigt hatte, sowie Monica Baltodano, ehemalige sandinistische Politikerin und Guerillera, die sich trotz ihres Schulterschlusses mit rechtsextremen Kräften als Hüterin des wahren Sandinismus präsentiert.

„Vergangenes Jahr rief Baltodano im Fernsehen dazu auf, Listen mit Namen und Häusern von Sapos (Kröten) in den Wohnvierteln zu erstellen, heute fordert Dora María Téllez in sozialen Netzwerken die Denunzierung von Sapos unter den Journalisten“, so die Moderatorin Tirsa Saenz im Radio „La Primerísima“. Sie warnte: „Sie sind Kriegshunde. Aber auch sie werden umkommen, wenn sie das Land mit Gewalt überziehen.“ Als Sapos bezeichnen die Putschisten Mitglieder der FSLN, die im letzten Jahr Opfer von Folter, Brandanschlägen und Morden wurden.

Baltodano hatte im Einklang mit dem erzkonservativen Bischof Abelardo Mata die Verbrechen bewaffneter Banden an der Grenze zu Honduras als Ausdruck sozialen Widerstands gegen die FSLN-Regierung verklärt. Immerhin räumte Mata in einem Interview mit der „New York Times“ ein, dass einige mangels finanzieller Unterstützung im Drogenhandel aktiv seien. Ähnlichkeiten mit dem Contra-Krieg der 1980er Jahre sind alles andere als zufällig. Anders ist heute, dass ehemalige Sandinistinnen ähnliche Bestrebungen haben. Der Kern des Sandinismus ist der Kampf für die nationale Souveränität und gegen ausländische Interventionen. Wer für Gewalt und Sanktionen des Auslands gegen die Regierung eintritt, wie Baltodano, Tellez, Mata oder die Vertreterin des Autonomen Frauenbewegung und Beraterin der „Acción Cívica“ Azahalea Solis, ist Handlanger des Imperialismus, zusammen mit ihren Verbündeten der konservativen Oligarchie Nicaraguas als historisch willfährige Verbündete der imperialistischen Mächte bei der Unterwerfung des eigenen Landes. Es ist dasselbe Drehbuch wie bei der imperialistischen Eskalation gegen Venezuela. Die Rechtfertigungen liefern unter anderem Intellektuelle wie die Geschwister Humberto und Gioconda Belli. Letztgenannte erlangte dank ihrer Erzählkunst im Sog der Nicaragua-Solidarität eine politisch überdimensionierte Bedeutung, die sie gerade unter anderem zum Boykott eines internationalen Benefizkonzerts für den Zoo in Managua einsetzte. Der in Nicaragua sehr beliebte kolumbianische Sänger Carlos Vives sagte seinen Auftritt ab. Kein Problem sah Vives in seinem nachfolgendem Auftritt beim Konzert in der kolumbianischen Grenzstadt Cucuta, das die gefährlichen Grenz-Provokationen des US-Imperialismus durch sogenannte Hilfslieferungen nach Venezuela artistisch verbrämen sollte.

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"Zähnefletschen", UZ vom 22. März 2019



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