Bei den Präsidentschaftswahlen in Chile hat am Sonntag erwartungsgemäß keiner der Kandidaten genügend Stimmen auf sich vereinigen können. Bei der nötigen Stichwahl am 17. Dezember werden sich der rechtsgerichtete Sebastián Piñera und Alejandro Guillier gegenüber stehen.
Der von der KP Chiles, der Sozialistischen Partei, der Partei für die Demokratie und der Radikalen Partei im Bündnis „Die Kraft der Mehrheit“ unterstützte Alejandro Guillier erreichte 22,7 Prozent und verwies damit Beatriz Sánchez (Frente Amplio; Breite Front), die von einigen anderen linken Gruppen unterstützt worden war, auf den dritten Platz (20,3 Prozent). Sánchez erwies sich als hartnäckige Gegnerin; ein Fünftel der Wählerschaft war Guillier offenbar zu regierungsnah. Sebastián Piñera, ein millionenschwerer Unternehmer, der bereits von 2009 bis 2013 Präsident Chiles gewesen ist, siegte in der ersten Runde zwar mit 36,6 Prozent, blieb aber deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Die bisherige Regierungskoalition, der die scheidende Präsidentin Michelle Bachelet vorgestanden hatte, war mit zwei verschiedenen Kandidaten ins Rennen gegangen, denn die Christdemokratische Partei hatte auf Carolina Goic gesetzt, deren Ergebnis (5,8 Prozent) eine deutliche Niederlage bedeutet. Ein weiterer Vertreter des fortschrittlichen Flügels der chilenischen Politik ist Marco Enríquez-Ominami (5,7 Prozent), der bei den Wahlen 2009 als Unabhängiger aus dem Stand sensationelle 20,1 Prozent geholt hatte. Damals hatte der offizielle Kandidat der Mitte-Links-Regierung, Eduardo Frei, 29,6 Prozent bekommen, aber in der Stichwahl reichte die Summierung der linken Stimmen nicht: Sebastián Piñera siegte in der Stichwahl mit 51,6 Prozent.
Zwei weitere linke Anwärter erhielten je unter ein Prozent der Stimmen. Der zweite Rechtskandidat neben Piñera war am Sonntag José Antonio Kast, der für die im Gegensatz zu Piñera wirklich stramme Rechte knapp acht Prozent einfuhr. Geht man schlicht arithmetisch vor, so ergäben sich in der Stichwahl klare Verhältnisse: Sebastián Piñera könnte 44,5 Prozent plus eine schwer zu kalkulierende Stimmenzahl aus dem Lager von Carolina Goic erwarten. Alejandro Guillier würde – vorausgesetzt, er schöpft das linke Potential voll aus – gut 55 Prozent bekommen. Dazu ist eine Einigung mit der „Frente Amplio“ erforderlich, die bei den parallel stattgefundenen Parlamentswahlen mit 16,5 Prozent ebenfalls ein gutes Resultat hatte. Hinsichtlich der Stimmen der Kandidatin der Christdemokratin Goic glauben die meisten Analysten, dass sie sich mehrheitlich auf Guillier vereinigen werden. Damit bliebe als Unsicherheitsfaktor noch die Wahlbeteiligung, die in der Annahme eines sicheren Sieges unter linken Wählern geringer als nötig ausfallen könnte.
Bei den Parlamentswahlen waren sieben Listen gegeneinander angetreten. Die KP Chiles erhielt mit 275 000 Stimmen 4,6 Prozent und sicherte sich acht Abgeordnete im Parlament. Vor vier Jahren waren es sechs Abgeordnete, aber die Vergrößerung des Parlaments von 120 auf 155 Sitze entspricht in etwa der Steigerung. Für Senatssitze reichte es für die Kommunistische Partei nicht. Das Bündnis „Die Kraft der Mehrheit“ wurde mit insgesamt 43 Sitzen zweitstärkste Fraktion hinter den vereinten Rechten (Chile Vamos), die 73 Sitze erreichten.