Der Gesamtmetall-Chef und seine Firma ElringKlinger

Wolf will mehr

Gesamtmetall – so heißt das Bündnis der Unternehmer aus der Metall- und Elektroindustrie. Der Unternehmerverband ist einer der einflussreichsten in Deutschland. Hier schließt sich nicht nur die gesamte Automobil- und Zulieferindustrie zusammen, sondern auch die Elite des Maschinen- und Anlagenbaus sowie die Hersteller von Verbrauchsgütern – wie zum Beispiel Abus (Fahrradschlösser), Leda (Kaminöfen) und WMF (Kochtöpfe).

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Der Präsident von Gesamtmetall ist Stefan Wolf, Sprecher des Vorstands der Firma ElringKlinger, einem weltweit tätigen Automobilzulieferer. Das Unternehmen stellt unter anderem Zylinderkopfdichtungen und Abgassysteme her, also typische Teile für den „Verbrenner“. Da klingt es überzeugend, wenn Wolf auf der Homepage von Gesamtmetall klagt: „Es sind 2018 weltweit 95 Millionen Fahrzeuge gebaut worden, 2019 waren es fünf Millionen weniger. In 2020 ging es – bedingt durch die Corona-Krise – auf cirka 71 Millionen Fahrzeuge zurück. Dementsprechend fehlt es an Umsätzen im Kernbereich unserer Branche.“ Mit Blick auf die aktuelle Tarifrunde spricht er davon, dass die Forderung der IG Metall „völlig aus der Zeit“ falle. Sein Fazit: „Da gibt es nichts zu verteilen.“ Das meint er natürlich nicht so, Verteilung ist schließlich sein Geschäft – nur halt von unten nach oben. Deshalb will er zwar nichts von den IG-Metall-Forderungen wissen, stellt aber erkämpfte Erfolge der Arbeiterklasse infrage: „Vieles, was in den vergangenen zehn Jahren Arbeits- und Lohnstückkosten erhöht hat, müssen wir wieder zurückdrehen.“

Wolf meint es ernst. Er ist Autor eines Maßnahmenkatalogs zur Überwindung der Krise. Der Inhalt käme einem Frontalangriff des Kapitals auf die Beschäftigten und ihre Familien sowie die Rentner gleich. Es wird darin nicht nur gefordert, tarifliche Vereinbarungen aufzuheben, den Kündigungsschutz zu lockern und großzügige Regelungen hinsichtlich der Leiharbeit zu treffen, sondern auch die Aufhebung der paritätischen Beiträge zu den Krankenversicherungen sowie die Rücknahme der Rente mit 63 und der steuerfinanzierten Mütterrente. Wer also meint, die Beschäftigten müssten in dieser Tarifrunde bescheidener auftreten, verkennt die Situation. Es geht um viel mehr als um die Durchsetzung der Forderungen der IG Metall. Es ist ein Kräftemessen, dass mit darüber entscheidet, ob Kern­elemente der Sozialpolitik verteidigt werden können.

Aber schauen wir uns das Unternehmen, das Herr Wolf leitet, ein wenig genauer an. Die ElringKlinger AG hat rund 10.000 Mitarbeiter an weltweit 45 Standorten. Sie ist nicht allein abhängig von der Produktion benzin- und dieselgetriebener Fahrzeuge. Das Unternehmen sei vielmehr innovativ, habe sich schon lange breit aufgestellt und nichts „verschlafen“, so stellt sich ElringKlinger selbst dar:

„Für die Pkw- und Lkw-Generationen von heute und morgen arbeiten wir permanent an zukunftsweisenden Produktlösungen und neuen Technologien. Dabei haben wir als kompetenter Entwicklungspartner und Serienlieferant immer das Gesamtsystem Fahrzeug im Blick. Unsere besondere Stärke: Als einer von nur wenigen Automobilzulieferern sind wir in der Lage, technologisch anspruchsvolle Komponenten für alle Antriebsarten – ob Verbrennungsmotor oder Elektromobilität – zu entwickeln und zu fertigen.“ Zusätzlich entwickelt ElringKlinger Speziallösungen gegen Hitze und Schall für Klimaanlagen, Wärmepumpen, kleine Kraftwerke und weitere Einsatzbereiche. Wirtschaftlich kann das Unternehmen ebenfalls nicht klagen. Auf „boerse.de“ erfahren wir: „Die ElringKlinger-Aktie befindet sich seit 21.09.2020 im langfristigen Aufwärtstrend und hat in diesem Zeitraum 129 Prozent an Wert gewonnen.“ Der öffentlich zugängliche Quartalsbericht bestätigt die solide Lage des Unternehmens. Mit Kurzarbeit und Personalabbau (von 10.492 auf 9.770) hat ElringKlinger kräftig Kosten gesenkt – das zeigt der Vergleich des 3. Quartals 2020 mit dem 3. Quartal des Vorjahres. Der Auftragsbestand sank in diesem Zeitraum von 1.068,7 auf 971,8 Millionen Euro, die EBIT-Marge (Gewinnmarge) lag jedoch mit 5 Prozent sogar höher als im Vorjahr. Mit Ausnahme des 2. Quartals, in dem Kurzarbeit herrschte und Restrukturierungskosten anfielen, verzeichnet das Unternehmen in allen anderen Quartalene ordentliche Gewinne. Die Kapitalrücklagen sind unverändert hoch. Diese Zahlen zeigen, dass die Beschäftigten bei ElringKlinger genug geschaffen haben, das sich jetzt verteilen lässt.

Der Chef von Gesamtmetall will Tarifkämpfe vermeiden. Er hätte die Möglichkeit, den bescheidenen Forderungen der IG Metall einfach nachzukommen. Das wird Stefan Wolf aber nicht tun. Die in der IG Metall organisierten Kolleginnen und Kollegen werden um jeden Cent kämpfen müssen, wollen sie nicht leer ausgehen oder gar draufzahlen.

Das Kapital im Blick

„Es gibt nichts zu verteilen in unserer Industrie“ – mit dieser Ansage von Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf ging das Kapital in die Verhandlungen zur Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie. Unser Autor Stefan Kühner schaut, wie es um die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie wirklich bestellt ist.

Bisher in der UZ-Serie erschienen: „Bei Daimler läuft es“ (UZ vom 5. Februar), „Von der Krise hart getroffen?“ zum Lürssen-Konzern (UZ vom 29. Januar), „Stihl – König der Motorsägen“ (UZ vom 12. Februar) und „Metallbosse im Tarifkampf“ zu WAREMA und Rodenstock (UZ vom 19. Februar). „Wolf will mehr“ zum Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf und zu seiner Firma ElringKlinger ist der letzte Teil dieser Serie.

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"Wolf will mehr", UZ vom 26. Februar 2021



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