Bundesweiter Mietenstopp-Gipfel in Bochum

Wohnraumkrise ist dramatisch

Am vergangenen Wochenende trafen sich Mieterinitiativen aus ganz Deutschland und große Verbände wie der Deutsche Mieterbund, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Paritätische Gesamtverband in Bochum zum Mietenstopp-Gipfel. Dabei diskutierten sie Wege aus der Wohnraumkrise und waren sich einig: „Die Lage für viele Menschen in Deutschland ist dramatisch: Sie haben Angst um ihr Zuhause“, sagt Matthias Weinzierl, Sprecher der Kampagne Mietenstopp. „Die Bundesregierung muss endlich Lösungen für die extremen Probleme auf dem Wohnungsmarkt finden. Dabei muss die öffentliche Hand viel stärker aktiv werden und darf den Markt nicht überwiegend den Privaten überlassen.“

Eine Maßnahme, die aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gipfels schnell umzusetzen wäre, ist ein Mietenstopp für sechs Jahre. Dafür wollen sie mit einem Aktionstag im Herbst werben.

Auch Elke Schmidt-Sawatzki vom Paritätischen Gesamtverband betonte, dass Wohnen ein Menschenrecht sei, „etwas ganz Elementares“. Hohe Mieten würden vielerorts zum echten Armutsrisiko, die Wohnungspolitik müsse die Bedürfnisse aller Menschen im Mittelpunkt haben. Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten setzt auf den öffentlichen Wohnungsbau. Von den von der Bundesregierung geplanten Bau von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr seien die 100.000 öffentlich geförderten Wohnungen besonders von Bedeutung. Es müsse vor allem für diejenigen gebaut werden, die wenig Geld hätten, so Siebenkotten. Für eine grundsätzliche Zeitenwende in der Wohnungs- und Mietpolitik plädierte der Berliner Stadtsoziologe Andrej Holm. „Die durchschnittliche Miete ist für ein unterdurchschnittliches Einkommen viel zu teuer“, sagte er. Der Staat sei in der Pflicht. Einerseits müsse die öffentliche Hand den Markt regulieren, andererseits selbst als Anbieter von Wohnraum aktiv werden. „Die einen werden durch die Art und Weise, wie Wohnen organisiert wird, immer reicher. Die anderen müssen einen immer größeren Teil ihres Einkommens für die Miete ausgeben“, so Holm.

Steven Böhmer von der Krankenhausbewegung „Notruf NRW“ legte dar, wie schwierig die Lage für Menschen sei, die in der Pflege arbeiten. Die Arbeitsbedingungen seien schlecht, gleichzeitig zwinge der Mietmarkt viele Beschäftigte in der Pflege, überteuerte Mieten zu bezahlen. Dies, weil sie etwa wegen Rufbereitschaften in der Nähe der Krankenhäuser wohnen müssten. „Gesellschaftliche Probleme greifen alle ineinander: Das fängt bei der Miete an, geht über Steuerflucht und endet im Krankenhaus“, so Böhmer.

Am Samstag nahmen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Mietenstopp-Gipfels an einer Kundgebung des „Aktionsbündnis Vonovia-Protest 2022“ in der Bochumer Innenstadt teil. Anlass für die Demonstration: die anstehende Hauptversammlung von Deutschlands größtem Wohnungskonzern am 29. April in Bochum.

Die beiden Podiumsdiskussionen und das Fazit des Mietenstoppgipfels können nachträglich auf dem Youtube-Kanal der Kampagne angeschaut werden: kurzelinks.de/xls4

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Wohnraumkrise ist dramatisch", UZ vom 29. April 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol LKW.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit