Zerstörte Gebäude und Straßen, zugrunde gerichtete Produktion, geraubte Maschinen, fehlende Ressourcen für Schulen und Gesundheitswesen – auf hunderte Milliarden Dollar belaufen sich für Syrien und seine Bewohner allein die materiellen Kosten des Krieges. Zwischen sieben und acht Milliarden Dollar hatten die Geberkonferenzen von 2019 und 2020 zur „Unterstützung der Zukunft für Syrien und die Region“ erbracht. Noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein – und auch diese humanitäre Hilfe folgt der Logik der EU- und US-Sanktionspolitik.
Die „Zukunft Syriens und der Region unterstützen“ – das heißt in erster Linie: Sicherung der Stabilität der Region und vor allem Jordaniens. Millionen Syrer mussten nach Jordanien, in den Libanon und in die Türkei fliehen. Der Unterstützung dieser Länder – und nicht etwa Syriens – gilt der Löwenanteil des Geldes, das auf den sogenannten Geberkonferenzen gesammelt wird.
Wie sehr die USA humanitäre Hilfe ihren politischen Interessen unterordnen, machte der Sondergesandte für Syrien, James Jeffrey, während eines Pressegesprächs nach der Konferenz deutlich. Er erinnerte an die 700 Millionen Dollar, die die USA im Rahmen der Geberkonferenz bereitgestellt hatten und deren größter Teil – nicht nach Syrien geht.
Und er erwähnte den Streit um humanitäre Hilfen, die absichtlich an der syrischen Regierung vorbei geliefert werden. Im Dezember 2019 sollte eine UN-Resolution diese Lieferungen weiter ermöglichen. Belgien, Kuwait und Deutschland hatten eine Resolution vorgelegt, die den Zugang für Hilfslieferungen über zwei Grenzübergänge aus der Türkei und einen aus dem Irak für 12 Monate sicherstellen sollte. Die russische Regierung dagegen betonte, angesichts der Situation in Syrien, wo die Regierung die legitime Kontrolle über den größten Teil des Landes ausübe, sollten Hilfslieferungen ausschließlich in Zusammenarbeit mit der Regierung erfolgen. Für die US-Regierung – und die EU – ein absolutes No-go.
Ein russischer Resolutionsentwurf wurde abgelehnt, aber auch die Resolution von Belgien, Kuwait und Deutschland scheiterte am gemeinsamen Veto von Russland und China. US-Außenminister Pompeo wütete angesichts dieses Vetos und warf China und Russland vor, sie hätten Blut an ihren Händen.
Die USA beließen es nicht bei wortreichen Beschwerden über das Veto. Mit dem Caesar-Act wurden die Sanktionen gegen Syrien verschärft und die humanitäre Situation verschlimmert.
Im Streit um die Hilfslieferungen kam es im Januar doch noch zu einer Übergangslösung – der Sicherheitsrat einigte sich auf zwei Grenzübergänge zur Türkei für sechs Monate. Russland, China, die USA und Britannien enthielten sich.
Die humanitäre Situation Syriens ist Teil der US-Kriegsanstrengungen. Der US-Sondergesandte Jeffrey wies voller Stolz darauf hin, wie hart die US-Regierung an weiteren Sanktionen gegen Syrien arbeitet. „Ich kann Ihnen noch kein konkretes Datum für weitere Sanktionen geben, aber wie ich gesagt habe: Wir arbeiten hart daran.“
Während der Geberkonferenz betonte der jordanische Außenminister Ayman Safadi die Rolle der „internationalen Gemeinschaft“ dabei, die wirtschaftliche Belastung durch die Flüchtlinge mit den Aufnahmeländern zu teilen. Doch erst wenn Gelder für den Wiederaufbau Syriens fließen, haben Flüchtlinge die Möglichkeit, nach Syrien zurückzukehren. Und es bedarf nicht der Wohltätigkeit der Staaten, die den Krieg gegen Syrien direkt und im Hintergrund geführt haben. Ein Ende der Sanktionen würde die humanitäre Situation entschieden verbessern.