Jugendamt in Bad Kreuznach dank AfD vor dem Aus?

Wohlfeile Sprüche

Nicht nur in Thüringen, sondern auch vielerorts auf kommunaler Ebene können CDU und FDP mit der AfD „ganz gut“. So auch im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach. Offensichtlich wurde dies beim Neujahrsempfang der örtlichen CDU, wo eine Abordnung der lokalen AfD offiziell begrüßt wurde. Die AfD hält in Bad Kreuznach vier von 44 Stadtratsmandaten. Zwar ist die 53.000-Einwohner-Stadt nicht der Nabel der Welt, aber deren CDU-Stadtverband ist der, dem die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner angehört. Diese war beim besagten Neujahrsempfang anwesend und unterhielt im Rahmen einer Talk-Runde mit den CDU-Landtagsabgeordneten die Gäste. Die Veranstaltung schlug Wellen und in einem Leserbrief in der Lokalpresse mussten sich SPD und „Bündnis 90/Die Grünen“ fragen lassen, weshalb sie die Veranstaltung nicht verließen, nachdem klar war, dass die AfD teilnahm.

In Bad Kreuznach halten die SPD-Bürgermeisterin und ihre Fraktion mit „Bündnis 90/Die Grünen“ und der Partei „Die Linke“ 22 Sitze im Stadtparlament, CDU, FDP und zwei Wählergruppen 18, die AfD vier. Ein beherrschendes Thema in der Stadt ist derzeit die von CDU, FDP und den zwei Wählergruppen forcierte Abgabe des städtischen Jugendamts an den Kreis. Damit wollen sie zwei Millionen Euro jährlich einsparen, ohne Rücksicht auf die besondere, zum Kreis sehr unterschiedliche Sozialstruktur. Sowohl Mitarbeiter des Jugendamts als auch die Fraktionen von SPD, Grünen, Linken und ein unabhängiges Ratsmitglied befürchten, dass hier bewährte Strukturen zerschlagen werden sollen. Die „Alternative Jugendkultur“, eine unabhängige, von jungen Menschen ehrenamtlich betriebe Organisation, befürchtet weitere Nachteile. Die Gewerkschaft ver.di rief vor der jüngsten Stadtratssitzung zu einer Demonstration für den Erhalt des Jugendamtes auf und 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten diesem Aufruf, trotz Sturm und Schneetreiben.

Deshalb scheuen sich CDU und FDP nicht, hier offen mit der AfD zu paktieren. Mit den vier Stimmen der AfD könnten sie ein Patt im Rat herstellen. Dabei nehmen sie nicht nur die AfD-Stimmen mal so mit, sondern stehen bei selbst beantragten Sitzungsunterbrechungen mit den AfD-Ratsmitgliedern zusammen und besprechen die nächsten Schritte. So berichtet es ein SPD-Ratsmitglied in einem Leserbrief und fordert Distanz der bürgerlichen Parteien zu einer AfD, in der auch Faschisten aktiv sind. Schon zuvor hatte die Bad Kreuznacher DKP in der Extra-Ausgabe ihrer Kleinzeitung „Der Funke“ zum Internationalen Frauentag die offene Zusammenarbeit von CDU und FDP mit der AfD angeprangert. Sie erinnerte, dass es nicht sein kann, dass ein Jugendamt zwei Millionen Euro jährlich abgeben soll, während die Rüstungsausgaben jährlich in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden. Frau Klöckner, so die DKP Bad Kreuznach, müsse hier Stellung beziehen, wie sie und ihre Partei es nun real mit der AfD halten, abseits von wohlfeilen Sprüchen.

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"Wohlfeile Sprüche", UZ vom 13. März 2020



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