Regierende, die Krieg nach innen und außen führen, sind die Haupttreiber der Rechtsentwicklung

Wogegen richten wir uns?

Der Kreisvorstand der DKP Hannover legte im Januar einen Diskussionsbeitrag zu den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, der „Querdenken“-Initiative und den Aktionen gegen „Querdenken“ vor. Wir dokumentieren ihn gekürzt und redaktionell bearbeitet.

Kennzeichnend für die Politik der Bundesregierung seit Beginn des Covid-19-Ausbruchs ist:

  1. Unfähigkeit und Versagen, Covid-19 effizient und unter sozialem, gesundheitspolitischem und finanziellem Schutz der großen Mehrheit der Bevölkerung einzudämmen und zu überwinden.
  2. Unwilligkeit, die seit dem Ausbruch offensichtlich gewordenen verheerenden Folgen der neoliberalen Politik zu stoppen und eine Umkehr einzuleiten: weg von der Agenda-2010-Politik, vom Kaputtsparen, hin zum Aufbau einer sozialen und Gesundheitsinfrastruktur in öffentlicher Hand.
  3. Nutzung der Covid-19-Epidemie zur Bewältigung der bereits vor dem Ausbruch einsetzenden Wirtschaftskrise im Interesse der Großbanken und Großkonzerne. Arbeitslosigkeit und Lohneinbußen einerseits sowie Milliardenkredite zur Absicherung der Gewinne der Finanzoligarchie andererseits werden als alternativlose Folge einer Naturkatastrophe gerechtfertigt, obwohl sie eine bewusste Umverteilungspolitik von unten nach oben sind.
  4. Massive Angriffe auf demokratische Rechte wie etwa das Versammlungsrecht und ein reaktionärer Umbau des Staates, wie er sich im neuen Infektionsschutzgesetz manifestiert; repressive und zum Teil sinnlose Verbote und Verordnungen vor allem im persönlich-privaten Bereich inklusive Bildung, Freizeitaktivitäten, Erholung und Konsum.
  5. Bekämpfung von Opposition gegen diese Politik mit Diffamierung und Ächtung wie zum Beispiel das uferlose und pauschale Überziehen von Kritikern der Corona-Politik der Bundesregierung mit dem Vorwurf der „Verschwörungsideologie“ und der „Corona-Leugnung“, ungeachtet der tatsächlichen Positionen.
  6. Eskalation des „Neuen Kalten Krieges“ gegen Russland und China und damit Verhinderung einer internationalen Zusammenarbeit zum Wohl der Völker.

Epidemie und Wirtschaftskrise

Diese Politik nutzt die Covid-19-Epidemie zur Stabilisierung des kapitalistischen Systems. In dieser Situation artikulieren Teile der Bevölkerung Kritik an einzelnen Aspekten oder auch der gesamten offiziellen Corona-Politik. Sie ist politisch nicht homogen, sie kommt aus verschiedensten Klassen und Schichten sowie verschiedenen politischen Lagern und hat verschiedene Ziele. Eine Bewegung, die seit Monaten öffentlich protestiert, firmiert unter dem Etikett „Querdenken“. Nahezu alle großen Parteien sowie die Mainstream-Medien haben sich vordergründig auf diese Bewegung eingeschossen. Sie erhält trotz politisch geringer Relevanz eine überbordende Medienaufmerksamkeit. Im gesteuerten öffentlichen Fokus der Wahrnehmung wird ihr das Monopol auf jegliche Opposition gegen die Corona-Politik zugesprochen. Sie ist zudem Objekt von Protesten, die sich als antifaschistisch bezeichnen.

Im Streit um die Einschätzung der „Querdenken“-Bewegung werden unweigerlich die Fragen aufgeworfen: Was ist gegenwärtig als rechte Politik zu bezeichnen? Was ist die Agenda der reaktionärsten Kräfte in unserem Land? Was für eine Politik bereitet gar objektiv künftigen faschistischen Herrschaftsformen den Weg? Wogegen muss sich daher antifaschistische Politik heute richten?

Wir meinen, dass rechte Politik heute vor allem durch die folgenden Aspekte gekennzeichnet ist. Sie alle sind Ausdruck der derzeitigen Strategie der westlichen Staaten, das heißt vor allem der NATO und der EU.

Die Strategie der westlichen Staaten

Angesichts ihrer tiefen Krise und der sich abzeichnenden multipolaren Weltordnung versuchen sie, das System des Monopolkapitalismus im Innern und nach außen zu verteidigen und in die Offensive zu gelangen.

Vorantreiben des Neuen Kalten Krieges der USA und der NATO gegen Russland und zunehmend auch gegen China zur Eindämmung ihrer steigenden ökonomischen und politischen Bedeutung. Die Aufrüstungskampagne der NATO und die Erhöhung des deutschen Militärbudgets wird offen in diesen Kontext gestellt. Die aggressiver werdende Haltung Deutschlands gegenüber Russland wird begleitet vom Geschichtsrevisionismus – etwa durch die Resolution des EU-Parlaments, wonach die Sowjetunion eine Mitschuld am Zweiten Weltkrieg gehabt habe. Deutlich drückt sie sich in der Enthaltung der BRD bei der Abstimmung der UNO-Resolution über den Kampf gegen die Heroisierung des Nazismus aus.

Jagd auf profitablere Anlagesphären und Ausplünderung der Werktätigen zur Finanzierung staatsmonopolistischer Investitionsprogramme – wie auf EU-Ebene der „Green New Deal“. Hierzu zählt ebenfalls die weitere Unterwerfung der sozialen und Gesundheitsinfrastruktur inklusive Rentensystem unter die Kapitalverwertung.

Jahrzehntelanger Demokratieabbau, dessen jüngste Maßnahmen die Verschärfung der Polizeigesetze der Länder und der Grundrechteabbau im Namen der „Corona-Bekämpfung“ waren. Wenngleich viele dieser Gesetze und Maßnahmen in den Schubladen ruhen, gibt es für uns keinen Zweifel daran, dass ihr Zweck die Aufstandsbekämpfung sowie die Möglichkeit zur Ausschaltung politischer Gegner im Rahmen von „Notständen“ ist. Dieser reaktionäre Staatsumbau richtet sich vor allem gegen die Arbeiterbewegung und begünstigt künftige Entwicklungen hin zum Faschismus.

Aufrechterhaltung und Ausbau der EU als Mittel zur Ausplünderung der Werktätigen und zum Abbau nationalstaatlicher Souveränität. Hierzu dient die Propagierung der „Friedensmacht EU“.

Vorantreiber der Rechtsentwicklung

Aus unserer Sicht sind die Haupttriebkräfte dieser Rechtsentwicklung zuallererst die Regierenden selbst, die Große Koalition unter Merkel und Scholz. Es sind die politischen Kräfte, die die Covid-19-Epidemie nutzen, um jetzt demokratische und soziale Grundrechte bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln. Es sind auch die politischen Kräfte in den Oppositionsparteien, die die Aggression gegen Russland und China und die Verfälschung der Geschichte vorantreiben, besonders stark vertreten bei den Grünen. Es sind die Kräfte, die die Werkzeuge zur Meinungsmanipulation unmittelbar bedienen, von öffentlich-rechtlichen und privaten Medienanstalten bis zu den Meinungsfabriken von Bertelsmann/Correctiv und den Internet-Konzernen wie Facebook, Google und Twitter, die jeweils im Namen der tagesaktuellen Regierungslinie die Ächtung abweichender Ansichten in den sozialen Medien organisieren. Kurz gesagt: In der jetzigen Situation verdienen sowohl die politischen Kräfte das Etikett „rechts“, die gegen die Regierungen von Russland und China hetzen, als auch die, die Merkels Covid-19-Politik zu Lasten der arbeitenden Menschen mit absichern.

Pappkameraden

Auffällig ist, dass der politische und mediale Mainstream sich auf wirre und geschichtsverfälschende Aussagen von „Querdenken“-Aktivisten stürzt und sie publikumswirksam zerreißt. „Querdenken“ wird von den Herrschenden dafür benutzt, jegliche Kritik an „Corona-Maßnahmen“, insbesondere an dem atemberaubenden Grundrechteabbau durch die Bundesregierung, „in einen Sack zu stecken“ und kräftig draufzuschlagen. „Querdenken“ ist der durch den politischen und medialen Mainstream aufgestellte Pappkamerad, auf den mit eingedroschen werden darf, um jegliche Opposition gegen die Maßnahmen der Bundesregierung einzuschüchtern, zu verunglimpfen und mundtot zu machen, während die Verursacher der Krise und des reaktionären Staatsumbaus so aus dem Blickfeld linker Kräfte schwinden. Es ist absurd, dass sich Kräfte wie SPD und Grüne angesichts der „Querdenken“-Kundgebungen als antifaschistische Vorkämpfer gebärden, während sie das antidemokratische Infektionsschutzgesetz durch Bundestag und Bundesrat peitschen und damit die ganz reale Rechtsentwicklung aktiv vorantreiben.

Auffällig ist dabei, dass „Querdenken“ zentrale Punkte mit den herrschenden politischen Kräften teilt: Covid-19 beziehungsweise der Lockdown werden zur Ursache der Wirtschaftskrise hochstilisiert, obwohl die Krise bereits Ende 2019 heranrollte. China und die DDR werden attackiert. Soziale Fragen werden aus der Debatte um Grundrechte verbannt.

An den Anti-Querdenken-Protesten, die den politisch wirksamsten und gefährlichsten Rechtskräften in diesem Land keineswegs schaden, sondern im Gegenteil deren Offensive, zuallererst in Gestalt der Politik der Bundesregierung – gewollt oder ungewollt – aus dem Fokus rücken, beteiligen wir uns daher nicht. Wir sehen unsere Aufgabe vordringlich darin, der laufenden Kürzungs- und Umverteilungspolitik der Herrschenden sowie ihren Angriffen auf demokratische Grundrechte konkrete Widerstandsperspektiven mit den Werktätigen und für die Werktätigen entgegenzuhalten.

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"Wogegen richten wir uns?", UZ vom 12. Februar 2021



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