Der Stellvertreterkrieg der USA und der NATO gegen Russland in der Ukraine hat vieles auf den Kopf gestellt. Vielleicht ist das nirgendwo deutlicher zu sehen als im Comedy-Bereich. Aus den einstigen komischen Helden und Satirikern sind heute willfährige Helfer und Apologeten des Krieges und der globalen Aggression der USA geworden. Drei der prominentesten Beispiele dafür sind die ehemaligen Late-Night-Talkshow-Moderatoren Jon Stewart, Steven Colbert und David Letterman.
Comedy ist am lustigsten und besten, wenn sie sich gegen die Mächtigen richtet. Wird sie zum Anhängsel der Macht oder, schlimmer noch, verbündet sie sich mit der Macht gegen diejenigen, die diese Macht in Frage stellen, degradiert sie sich selbst zur kriecherischen Echokammer.
Am tiefsten ist Jon Stewart gefallen. Über 15 Jahre lang war er als Gastgeber der „Daily Show“ das Gewissen der US-amerikanischen Nation. Bitter-satirisch verkündete er die Wahrheit über den Irak-Krieg und andere amerikanische Interventionen dieser Zeit. Furchtlos griff Stewart Politiker an und stellte rechte Frauenfeinde und Fanatiker wie Bill O‘Reilly bloß.
Mittlerweile ist Stewart mit der Sendung „The Problem with Jon Stewart“ zurück. Darin untersucht er vorgeblich die Verwerfungen der amerikanischen Gesellschaft. Die Sendung ist treffend betitelt, denn eigentlich ist Jon Stewart das Problem. In der widerlichsten und zugleich aufschlussreichsten Folge verbeugte sich Stewart vor Hillary Clinton und Condoleezza Rice. Beide sind ehemalige Außenministerinnen – und Kriegsverbrecherinnen. Rice war maßgeblich an der Invasion des Irak beteiligt. Die Massenvernichtungswaffen, die der Irak angeblich besitzen sollte, wurden nie gefunden. Clinton trieb die Plünderung Libyens voran und bejubelte ihren Erfolg, daraus die Heimstätte plündernder Warlords und Sklavenhändler gemacht zu haben: „We came, we saw, he died.“
Stewart stellte keinerlei kritischen Fragen – sondern himmelte sie an. Das zeigte sich selbst in seiner
unterwürfigen Körpersprache. Er „rehabilitierte“ Clinton und Rice für sein „linkes“ Publikum. Es war an Jimmy Dore, einer heutigen Version dessen, was Stewart einst war, diese Travestie aufzudecken. Die Episode machte auf dramatische Weise die Kontinuität der US-Außenpolitik deutlich: Trotz vermeintlicher Unterschiede zwischen der Republikanerin Rice und der Demokratin Clinton widersprachen sich die beiden nicht ein einziges Mal.
Ebenfalls in die Kategorie „Was für ein Absturz“ fällt Steven Colbert. Dessen „Colbert Report“ auf „Comedy Central“ war neun Jahre lang eine geniale Breitseite gegen die Verrücktheiten der extremen Rechten. Eine komödiantische Gratwanderung, die ihm meist gelang. Mittlerweile hat sich Colbert als Gastgeber und Nachfolger von David Letterman in der „Late Show“ zu einem unerträglichen Pressesprecher des US-Außenministeriums und der Demokratischen Partei entwickelt.
Nicht minder tief fiel David Letterman. Sein goldenes Zeitalter war seine „Tonight Show“ auf „NBC“ während der 80er bis in die frühen 90er Jahre. Unablässig verspottete er den Sender und dessen Eigentümer General Electric. In seinen Promi-Interviews machte er dem Publikum stets klar, dass es sich dabei lediglich um das Anpreisen von Produkten einer Unterhaltungsbranche voller aufgeblasener Egos drehte. Als er dann bei „CBS“ einen früheren Sendeplatz bekam, wurde seine Kritik schnell milder. Das verblasst allerdings im Vergleich zu seiner heutigen Netflix-Show „My Next Guest Needs No Introduction“. Mit diesem Titel hatte Letterman einst Gäste angekündigt, die er verspotten würde. Jetzt steht er dafür, sich vor dem Ruhm seiner Gesprächspartner und deren vermeintlichen Errungenschaften in den Staub zu werfen.
Wo sind bloß die Comedians geblieben? Sie sind alle zur Hölle gefahren. Nun liegt es an einer neuen Generation von Wahrheitsverkündern, diese traurigen Überbleibsel ihrer alten Selbst zu ersetzen. Die „neuen“ Jon Stewarts und Stephen Colberts, Komiker wie Jimmy Dore und Lee Camp, sind aus den Konzernmedien verbannt und zensiert worden. Sie müssen ihre Waren im Hinterland der unabhängigen Medien anbieten. Das könnte sich noch als Geschenk entpuppen – dort können sie der Herrschaft die Wahrheit sagen, anstatt sich vor den Herren der Konzerne zu verbeugen und zu kuschen.