Zu den Wahlkampferfolgen der DKP

Wo andere nicht hingehen

Am Ende haben wieder alle Parteien gewonnen und erklären sich zum eigentlichen Wahlsieger. Und wetten, auch die DKP wird ihre 15.158 Zweitstimmen wieder irgendwie als Erfolg verbuchen? Es waren ja immerhin 3.600 mehr als bei der vergangenen Bundestagswahl. Wette verloren.

Die DKP ist mit ihrem Ergebnis nicht zufrieden. Es ist nur schwer zu ertragen, dass die einzige Partei, die in diesem Wahlkampf konsequent gegen Kriegsgefahr und für Frieden mit Russland und China stand, so wenig Zustimmung bekam. Es ist nicht angemessen, dass die Kommunisten in dieser tiefen kapitalistischen Krise so wenig Gehör finden und von so wenigen als Alternative gesehen werden. Die Kommunistische Partei muss stärker werden, um als solche wahrgenommen zu werden. Deshalb verbucht die DKP nicht ihr Stimmergebnis als Erfolg, sondern ihren Wahlkampf. In dem wollte sie sich stärken und das hat sie getan.

Der Bundeswahlleiter und das Bundesinnenministerium hatten versucht, die DKP in einer konzertierten Aktion kaltzustellen. Das ist nach hinten losgegangen. Die Partei erlebte eine Welle der Solidarität und große Aufmerksamkeit. Die Genossinnen und Genossen wussten das zu nutzen – zum Beispiel mit der massenhaften Verteilung einer Sondernummer dieser Zeitung und mit einem organisierten Anlauf in der Arbeit mit den sogenannten Sozialen Medien. Twitter, Instagram und Facebook begleiteten fortan den bundesweiten Wahlkampf. Da wurde gemeinsam ausprobiert und gelernt und das bleibt.

Die DKP hat ihre Gliederungen viel zu wenig auf Direktkandidaturen orientiert, aber dennoch hat sie Gesicht gezeigt. Vom „Kollegen in Weiß“, dem Arzt Simon Becker, aktiv in der Krankenhausbewegung und Direktkandidat in Trier, über die Minijobberin Barbara Müller aus Kiel bis zum ehemaligen Generalstaatsanwalt der DDR, Hans Bauer, der als Parteiloser die Berliner Landesliste anführte.

Vielerorts hatte die Partei einen Plan. Nein, das ist nicht selbstverständlich, muss auch wieder gelernt werden. Zu diesem Plan gehörte es, dahin zu gehen „wo die anderen keinen Fuß rein gesetzt haben“: In die Arbeiterviertel. Die Münchener setzten einen Schwerpunkt in Giesing, die Hamburger in Billstedt, die Stralsunder in Grünhufe und die DKP Leipzig lud zur Kundgebung mit dem Parteivorsitzenden nach Grünau. Zu dem Plan gehörte es auch, anstelle des großen UZ-Pressefestes kleinere Sommerfeste zu organisieren. Zu den Dauerbrennern in Berlin und Gießen gesellten sich „Neue“ in Kiel und Strausberg. Die SDAJ, der Jugendverband an der Seite der DKP, ließ sich nicht bitten, stieg der Partei von Anfang an auf die Füße, machte mit, trieb voran. Der Wahlkampf war selbstbewusst, hatte Dynamik, machte Spaß – und brachte neue Mitglieder, vereinzelt auch Gruppengründungen und neue Organisiertheit.

Strausberg, Stralsund, Leipzig – auch das war eine neue Qualität. Der DKP-Wahlkampf im Osten war, wo es gelungen ist, Landeslisten aufzustellen, besonders engagiert. In Sachsen sammelten zwei Dutzend Genossinnen und Genossen während der Pandemie knapp 1.000 Unterstützerunterschriften. In Leipzig verteilten sie wöchentlich 1.000 UZ; die UZ mit der größten Auflage seit Jahren ging mit mehr als 12.000 Exemplaren nach Brandenburg. Parteilose Kommunisten mit geballter DDR-Erfahrung kandidierten auf den Listen der DKP in Berlin und Brandenburg. Darunter Hans-Günter Schleife, der als Direktkandidat in Barnim II das bundesweit beste Erststimmenergebnis der DKP einholte.

Diese kleine Partei hat allen Grund, stolz auf ihren Wahlkampf zu sein. Vor allem aber können die Menschen in Giesing, Billstedt, Grünhufe und Grünau weiter mit ihr rechnen. Nur so wird sie als Alternative erkennbar werden.

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"Wo andere nicht hingehen", UZ vom 1. Oktober 2021



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