Wie stehst du zur kurdischen Bewegung? Für die Linke in der Türkei ist diese Frage der Prüfstein, auf dem sich zeigt, ob eine politische Kraft tatsächlich eine konsequente Haltung gegen die reaktionären Cliquen der Herrschenden einzunehmen bereit ist. Und auf diese Frage, so die verbreitete Kritik aus der türkischen Linken, gebe die Kommunistische Partei (Komünist Parti, KP) eine falsche Antwort – sie stelle sich nicht klar auf die Seite der Kurden. Inzwischen haben sich große Teile der türkischen Linken der HDP angeschlossen, die von der kurdischen Bewegung dominiert wird, in der Politik der HDP treten soziale Fragen gegenüber der Nationalitätenfrage in den Hintergrund.
Die KP legt dagegen Wert darauf, festzustellen: „Die Türkei ist ein kapitalistisches Land, und die Nationalitätenfrage in einem kapitalistischen Land ist auch eine Klassenfrage“, so Aydemir Güler, Mitglied des ZK der KP, im Gespräch mit UZ. „Wir haben ein respektvolles Verhältnis zur kurdischen Bewegung“, so Güler, natürlich verteidigen die Kommunisten das Recht jedes Volkes auf Selbstbestimmung. Nur: Was bedeutet Selbstbestimmung konkret? Was bedeutet die Selbstbestimmung der Kurden in einem Nahen Osten, in dem die Völker zu Spielbällen in den Kriegen werden, die die Groß- und Regionalmächte anheizen? Die kurdische Autonomie im Nordirak ist ein Anhängsel der USA, die Kurden spielen ihre Rolle in den Plänen der USA zur Neuordnung des Nahen Ostens. „Wir halten es für offensichtlich“, so Güler, „dass unter diesen weltpolitischen Umständen jeder Staat, der im Nahen Osten neu geschaffen wird, ein Marionettenstaat sein wird – kontrolliert oder beeinflusst durch den Imperialismus. Können die Kommunisten so eine Perspektive unterstützen?“ Auch die Kurdenfrage in der Türkei sei von den Interessen der USA beeinflusst. Die KP verteidigt das Recht der Kurden, ihren eigenen Weg zu gehen – aber sie behält sich das Recht vor, für ihren eigenen Vorschlag für ein friedliches Zusammenleben der Völker in der Türkei zu kämpfen: Eine sozialistische Türkei.
Heute heißt das aus ihrer Sicht zuerst: „Wir, als Kommunistische Partei, rufen zum gemeinsamen Kampf aller Arbeiter auf und wir tragen dazu bei, diesen Kampf zu organisieren – den gemeinsamen Klassenkampf der türkischen und kurdischen Arbeiter. Die wirkliche Freundschaft zwischen den Völkern entsteht auf diese Weise zuerst in der Bewegung der Arbeiterklasse.“
Mit dieser Position grenzt die KP sich ab vom Großteil der türkischen Linken, der bei den Wahlen die HDP unterstützt hat. „Niemand spricht von Klassenpolitik“, erklärt Güler, „aber die kurdische Frage ist doch nicht unabhängig von den sozialen Konflikten in der Türkei. Diese Position vertreten wir als einzige Partei – und deshalb haben wir auch als KP eigenständig bei den Wahlen kandidiert. Wir haben im ganzen Land Kandidaten aufgestellt, auch in den kurdischen Gebieten.“