Dänemark stellte den Zugverkehr aus Deutschland ein, Deutschland stoppt den Zugverkehr aus Ungarn. Züge mit dem Ziel Deutschland bringen tausende Menschen auf der Flucht vor Krieg und Elend ins Land. In München übernachten Flüchtlinge im Bahnhof.
Alles in allem wird deutlich, dass für viele Bahnbeschäftigte in den letzten Wochen der Dienst im Ausnahmezustand stattfand. Nicht nur, dass umorganisiert oder Verkehre neu eingetaktet werden mussten, die Bahnhöfe waren für die Flüchtlinge nach ihrer Odyssee oft die erste Station in Deutschland. Hier musste der Empfang geregelt werden. Viele Bahnbeschäftigte boten spontan ihre Hilfe an und blieben nach ihrer Arbeit gleich vor Ort, um mit anzupacken.
Noch bevor die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG schalten konnte, organisierten die Gliederungen der EVG vor Ort bereits konkrete Hilfsaktionen. Essen, Getränke und Hygiene-Artikel wurden gesammelt und vor Ort übergeben. Die Bilder der Nachrichten schufen eine große Betroffenheit.
[Störer: Von ersten Hilfsaktionen zu nachhaltigen Maßnahmen]
Der EVG-Vorstand reagierte auf diese Situation und lud alle Akteure in der Schienenbranche kurzfristig zum Runden Tisch. Ziel der Initiative ist es, nachhaltige Maßnahmen wie zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten, Kinderbetreuung oder Sprachkurse in der Branche für die Flüchtlinge ins Leben zu rufen und damit ergänzend zu dem Engagement der Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu wirken. Neben Gewerkschaften und bahnnahen Unternehmen oder Vereinigungen nahmen auch viele Eisenbahnverkehrsunternehmen an den Gesprächen teil.
Alle Beteiligen vereinbarten, ihre Angebote zu koordinieren und gemeinsam vorzugehen. Die EVG bewertete das Treffen positiv und forderte andere Branchen auf, diesem Beispiel zu folgen. Dabei nimmt die EVG zur Kenntnis, dass es auch in den eigenen Reihen Vorurteile gibt. „Aber die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft erklärt eindeutig: Wir sind gegen jede Form von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Menschen, die zu uns fliehen, haben zunächst einmal Anspruch auf unsere Hilfe“, so unterstreicht der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner die Haltung der Gewerkschaft und fordert die EVG-Gliederungen auf, diese Fragen anhand eines Positionspapieres zu diskutieren. In diesem heißt es: „Deutschland braucht Zuwanderung. Wir begreifen sie nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance für unser Land. Schlüssel dafür sind gegenseitiger Respekt und Verständnis füreinander. Das Grundrecht auf Asyl muss unangetastet bleiben.“
[Störer: „Sorgen und Ängste“ gibt es auch bei Gewerkschaftern]
Die Eisenbahnergewerkschaft registriert dabei, dass das Thema Asyl sehr unterschiedlich in der Mitgliedschaft diskutiert wird. Diesen unterschiedlichen Meinungen, auch den „Sorgen und Ängsten“ soll mit der Diskussion Rechnung getragen werden. Aber unmissverständlich wird deutlich gemacht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und Gewerkschaften für die Rechte der Menschen eintreten und „rechtspopulistisches Gedankengut“ in der Gewerkschaft keinen Platz hat. Diesen Worten hat die EVG in den letzten Jahren auch immer wieder Taten folgen lassen. So wurden beispielsweise Mitglieder, die in der Nazi-Szene aktiv waren, aus der Gewerkschaft ausgeschlossen.