Laut Oxfam gibt es weltweit 2.769 Milliardäre, 130 davon in Deutschland. Während 733 Millionen Menschen täglich hungern und 3,6 Milliarden in Armut leben, werden die Reichen immer reicher. Sie verdanken ihren Reichtum nicht zuletzt der militärischen „Sicherung“ von Absatzmärkten und Rohstoffvorkommen weltweit. Das entscheidende Instrument zur Durchsetzung dieser Interessen gegenüber anderen und insbesondere Ländern des globalen Südens ist und bleibt das Kriegsbündnis NATO. Allen, die das Unrecht dieser Welt bekämpfen wollen, sei deshalb geraten, sich kritisch zur NATO zu verhalten. Man könnte auch sagen: Wer hierzulande, und sei es nur zu Wahlkampfzwecken, die Existenz von Milliardären beklagt, sollte zu den militaristischen Strukturen, die ihre Existenz sichern, nicht schweigen.
Die Reichen fühlen sich sicher und unantastbar. Trump und Musk sind dabei nur schillernde Beispiele der alltäglichen kapitalistisch-imperialistischen Rolle von Staat und Politik zur Unterstützung der herrschenden Klasse.
Umso bitterer ist es, wenn die Partei „Die Linke“ auf ihrem Parteitag als eines von drei zentralen Wahlkampfthemen zwar die Elitenkritik (wieder)entdeckt, sich aber gegen Kritik an der NATO in ihrem Wahlprogramm entscheidet. Die NATO, so die Hoffnung, wird sich schon irgendwann, quasi magisch, von selbst erledigen. Nichts gegen Kritik an Milliardären und Superreichen, aber muss man sie krampfhaft so sozialdemokratisch und systemunkritisch gestalten?
Meine traurigen Highlights: Bodo Ramelow, der verkündet, Faschismus ist, „andere nicht so leben zu lassen, wie sie leben wollen“. Ebenso die Journalisten von „FAZ“ und „Zeit“, die dem Parteivorstand von „Die Linke“ erfreut bescheinigen, kritische Anträge bereits im Vorfeld gekonnt „abgeräumt“ zu haben. Nach drei Stunden Parteitag online schauen denke ich mir: Schön für euch, dass ihr so gute Laune habt und mit euch selbst zufrieden und im Reinen seid. Dieses Gefühl teilt ihr nicht mit den Millionen (ehemaligen) Wählerinnen und Wählern, die von eurem endgültigen Ankommen im bundesdeutsch-kapitalistischen Politikbetrieb nachhaltig enttäuscht sind. Ihr teilt es nicht mit denen, die von der Politik frustriert sind, die ihr als Teil rot-roter oder rot-rot-grüner Landesregierungen mit verantwortet habt.
Ohne eine Spur der Selbstkritik, denn schuld sind immer nur die Anderen, wiederholt ihr mantraartig eure Großartigkeit und erklärt eure Wahl für linke Menschen als alternativlos. Das Bittere ist: Viele, die ohne Wenn und Aber antirassistisch wählen wollen, müssen dem gezwungenermaßen zustimmen. Selbst wenn sie dadurch einer Partei ihre Stimme geben werden, die es nicht schafft, eine klare Ablehnung der NATO in ihr Wahlprogramm zu schreiben, die Palästina-Aktivisten ausschließt und die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland nahezu unkommentiert lässt.
Liebe Mitglieder der Partei „Die Linke“, in eurer Selbstwahrnehmung und laut den auf YouTube einsehbaren Parteitagsreden seid ihr „die einzige Partei, die an der Seite der Friedensbewegung steht“ und außerdem die „engagiertesten Antifaschisten“. Wie heißt es so schön? An ihren Taten sollt ihr sie messen!
Uns, wie auch der gesamten Friedensbewegung, ist jede helfende Hand zur Unterschriftensammlung für den Berliner Appell herzlich willkommen. Wir freuen uns ehrlich auf jede antimilitaristische Initiative von euch, parlamentarisch wie außerparlamentarisch. Vor allem dann, wenn sie aus mehr besteht als aus der beschämenden Enthaltung eurer Bundestagsabgeordneten bei Abstimmungen zu unsäglichen „Antisemitismus-Erklärungen“. Vermutlich tun wir links von euch stehenden, aus eurer Sicht weniger engagierten Antifaschistinnen und Antifaschisten gut daran, eure Ausführungen nicht persönlich, sondern sportlich zu nehmen und uns weiterhin auf eine gemeinsame antifaschistische Praxis ohne „Besten“-Ranking zu konzentrieren. Liebe Mitglieder der Linkspartei, wir sehen uns auf der Straße. Hoffentlich!