In Neu-Ulm kämpfen Arbeiter zusammen mit der DKP für den Erhalt von Bushaltestellen

„Wir brauchen unseren Bus!“

Seit fast einem Jahr wehren sich die Anwohnerinnen und Anwohner des Neu-Ulmer Arbeiterviertels Vorfeld gegen die geplante Abschaffung von fünf der sieben Haltestellen im Stadtteil. „Die Stadt rechtfertigt den Abriss der Haltestellen mit dem Ziel, den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) ‚effizienter und wirtschaftlicher‘ zu gestalten. Doch diese Argumente entlarven sich schnell als leere Phrasen, die die Interessen der Arbeiterklasse ignorieren. Stattdessen wird deutlich: Es geht um Profitmaximierung auf Kosten derjenigen, die am meisten auf den ÖPNV angewiesen sind – ältere Menschen, Familien mit Kindern und Menschen mit Behinderungen“, heißt es in einer Pressemitteilung der DKP Ulm, die die Proteste zusammen mit der Bürgerinitiative Soziale Gerechtigkeit und dem Bündnis für soziale Gerechtigkeit (BSG) unterstützt.

Die Stadt behauptet unter anderem, dass 80 Prozent der Nutzer der Buslinie 5 nicht im Vorfeld zusteigen würden. „Wenn das der Maßstab ist, dann dürfte es auch keine Linien mehr in ländliche Vororte geben“, so Miloš Ferber (DKP), Sprecher des Bündnisses für Soziale Gerechtigkeit. „Der ÖPNV ist nicht dazu da, Gewinne zu erwirtschaften. Er ist eine Notwendigkeit für die Arbeiterklasse und Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge!“

Schon früh hatten die Bündnispartner auf die prekäre Lage der Betroffenen aufmerksam gemacht und Stimmen aus der Einwohnerschaft gesammelt. Das Urteil: eindeutig. „Eine Dame mit Gehbehinderung und ein blinder Herr sagten uns: ‚Für den Stadtplaner mögen 800 Meter mehr wenig sein, für uns bedeuten sie eine Katastrophe. Diese Laufwege sind für uns unzumutbar und schneiden uns de facto von der Außenwelt ab.‘“ Auch eine angesprochene Mutter macht sich Sorgen: „Wie soll ich meine Kinder morgens in die Schule bringen oder zur Arbeit fahren? Nicht jeder kann und will sich in der Innenstadt einen PKW kaufen! Der Bus ist unsere einzige Möglichkeit, den Alltag zu organisieren.“

Zu den ersten Aktionen nach Bekanntwerden der Pläne im Sommer 2024 gehörten Haustürbesuche. Schnell kamen mehr als 300 Unterschriften gegen die Sparmaßnahme zusammen. Eine zweite Haustüraktion ließ die Zahl auf 770 steigen. „Jede einzelne repräsentiert einen Haushalt, der geschlossen hinter der Kampagne steht“, so die DKP Ulm. Schon bald stellten sich kleine Erfolge ein. Die regierende CSU beantragte, zwei Haltestellen zu erhalten: „Obwohl dieser Antrag ein erster Erfolg ist, bleibt er aus Sicht der Bewegung unzureichend. Die Stadt versucht, die Menschen im Vorfeld mit minimalen Zugeständnissen ruhigzustellen, ohne die eigentlichen Probleme zu lösen.“

Ende Februar fand eine Bürgerversammlung im Vorfeld statt. Rund 90 Menschen protestierten gegen die Kürzungspolitik der Stadt. „Ich will einkaufen. Ich kann nicht lang laufen. Ich brauche einen Bus“, ergriff eine Bewohnerin des Lebenshilfe-Wohnheims Donau-Iller auf der Bürgerversammlung das Wort. Sie machte darauf aufmerksam, dass die dort wohnenden Menschen mit Behinderung besonders hart vom Sparkurs betroffen wären. „Das ist nicht Inklusion! Der Bus ist die einzige Möglichkeit, mit den Bewohnern in die Stadt zu kommen. Wir sind knapp besetzt und wären die extremst Leidtragenden dieser Veränderung“, pflichtete ihr eine Mitarbeiterin der Lebenshilfe bei.

Nach der erfolgreichen Mobilisierung für die Bürgerversammlung will das Bündnis für Soziale Gerechtigkeit seine Stadtteilarbeit fortsetzen. „Wir werden weiterkämpfen“, so Miloš Ferber. „Unser Ziel ist es, den Druck auf die Stadt zu erhöhen und die Interessen der Arbeiterklasse durchzusetzen. Der ÖPNV muss ausgebaut, nicht abgebaut werden – kostenlos, barrierefrei und für alle zugänglich!“

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"„Wir brauchen unseren Bus!“", UZ vom 28. März 2025



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