Begrüßenswert und unterstützenswert ist die Willkommens-Kultur im ganzen Land. Auch die Menschen in unserer Stadt (Reinheim) und im Landkreis (Darmstadt-Dieburg) machen da keine Ausnahme. Und alles geschieht freiwillig und ehrenamtlich.
Dürfen wir uns mit diesem lobenswerten Engagement, seiner mehr oder weniger starken Förderung durch die öffentliche Hand zufrieden geben?
Zuständigkeiten auf der kommunalen Ebene liegen bei den kreisfreien Städten sowie den Landkreisen.
Seit 2013 gab es eine recht ordentliche „Konzeption für die Unterbringung und für die Verbesserung der Lebenssituation von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern im Landkreis Darmstadt-Dieburg“. Die Zuständigkeiten bei der sozialen Betreuung waren in sieben Kategorien aufgelistet: Hauptamtliche sozialpädagogische Fachkräfte, Externe Fachkräfte, Sachbearbeitung, Hausmeister, Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst, Ehrenamtliche Privatpersonen und Vernetzungspartner.
In der Praxis zeigte sich bald: Papier war geduldig. Was von den Hauptamtlichen geleistet werden sollte, konnte nie umgesetzt werden – weder in der Begleitung der Ehrenamtlichen und schon gar nicht in Erfüllung der umfangreichen Aufgaben mit den Flüchtlingen. Viele Aufgaben (Anmeldung in KiTa und Schule, Begleitung zu Ärzten und Ämtern usw.) wurden von Ehrenamtlichen übernommen. Mit einem Betreuungs-Schlüssel von 1:170 waren die Aufgaben für die Sozialpädagoginnen einfach nicht leistbar. Durch umfangreiche Untersuchungen von Sozial-Organisationen untermauert, haben wir im Kreistag einen Schlüssel von 1:80 gefordert. Zwar wurde dies mittlerweile zweimal abgewiesen – doch nunmehr soll ein Schlüssel von 1:120 erreicht werden. Dies ist zwar unzureichend, aber dennoch eine „Verbesserung“ im Interesse aller Beteiligter. Um die lobenswerte und viel gerühmte Willkommens-Kultur aufrechtzuerhalten, muss die öffentliche Hand die entsprechende Willkommens-Struktur schaffen. Mit „Ehrenamt“ und „Privat vor Staat“ ist ein Scheitern programmiert