Über das neue Strategiepapier der SPD

Willige Krieger

Als ehemalige Arbeiterpartei versteht sich die SPD bis heute als Programmpartei, auch wenn dieses in der Praxis seit Jahrzehnten keine Rolle spielt. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dominieren immer noch die Einheitsgewerkschaften und besetzen deren Schlüsselpositionen. Wenn nun SPD-Chef Lars Klingbeil ein neues Positionspapier seiner Partei zur Außen- und Sicherheitspolitik präsentiert, wird das Auswirkungen auf den eh schon spärlichen Friedenskampf der Gewerkschaften haben.

Die „Sozialdemokratischen Antworten auf eine Welt im Umbruch“ überraschen wenig: die Führungsrolle Deutschlands in der EU, das 2-Prozent-Ziel der NATO und die Frontstellung gegen Russland und China werden darin postuliert. Im Interesse des deutschen Imperialismus fordert die SPD-Chefetage, Deutschland müsse künftig als „starker Partner in der NATO“ auftreten und die Bundeswehr müsse um jeden Preis weiter aufgerüstet werden. Die SPD gleicht ihre Theorie der Praxis an und präsentiert sich dem Kapital jetzt als willige statt zögernde Kraft im Kampf um den Machterhalt des Westens.

Die Sozialdemokraten sehen sich – wie üblich – dazu gezwungen, nachdem „das Putin-Regime sein imperialistisches Ziel der Eroberung und Unterdrückung souveräner Staaten“ wie der Ukraine verfolge. Dabei begann die Debatte um das Positionspapier innerhalb der parteieigenen Kommission für Internationale Politik (KIP) bereits 2021. Bundeskanzler Olaf Scholz schwadroniert schon lange über das angeblich „imperialistische Russland“ – ein Begriff, den er noch unter anderen Vorzeichen aus seiner Stamokap-Juso-Zeit kennt. IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban folgte ihm schon im April letzten Jahres und warnte in der „Frankfurter Rundschau“ vor den „imperialen Machtansprüchen“ Russlands. Die Folge dieser Orientierung war und ist, dass die Einheitsgewerkschaften zwar das Frieren kritisieren und dafür ihre Mitglieder auf die Straße bringen, aber den Grund für das Frieren, den Stellvertreter- und Wirtschaftskrieg gegen Russland, nicht nennen wollen. Die SPD zieht nun inhaltlich nach und gibt den Kräften, die den sozialen Kampf nicht mit den Friedenskampf verbinden wollen, ihre theoretische Legitimation. Das heißt, für die Friedenskräfte in den Gewerkschaften wird es noch schwieriger, aber auch umso nötiger, Widerstand gegen Krieg und Frieren zu organisieren.

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"Willige Krieger", UZ vom 27. Januar 2023



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