Der ägyptische TV-Journalist Ahmad Mansur, der für Al-Jazeera arbeitet, ist wieder frei, die deutsche Justiz lieferte ihn nicht – wie verlangt – an das Regime des ägyptischen Präsidenten Al Sisi aus.
Das Auswärtige Amt hatte in den letzten Wochen gleich mehrfach gegen offenkundige Willkürentscheidungen der ägyptischen Justiz protestiert und insbesondere die zahlreichen Todesurteile scharf kritisiert. In ähnlicher Weise hat sie sich über die Bestätigung des Urteils gegen den saudischen Blogger Raif Badawi empört gezeigt. Am Samstag, dem Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen, hat die Bundesregierung sogar verlauten lassen, es sei „unsere ethische Verantwortung“, Flüchtlingen „zu helfen, ihr Überleben zu sichern und ein Leben in Würde zu ermöglichen“.
Sämtliche Äußerungen verhöhnen die Opfer: Während der Berliner Menschenrechtsbeauftragte sich zur Würde von Flüchtlingen äußerte, setzte die Regierung ihren Kampf zur Abschottung Europas fort; während das Auswärtige Amt sich offiziell auf die Seite des Oppositionellen Badawi schlug, ging die Aufrüstung des Regimes in Riad weiter; und während es sich über Urteile der ägyptischen Justiz demonstrativ empörte, schritt die Bundespolizei mit der Verhaftung des in Kairo missliebigen Journalisten Mansur zur Tat.
Die Festnahme des Journalisten erfolgte in einer Phase der erneuten Annäherung zwischen Berlin und Kairo. Berlin hatte in Reaktion auf Al Sisis Putsch vom Sommer 2013 und auf die darauf folgenden Massaker des Regimes, bei denen allein in der zweiten Jahreshälfte 2013 mutmaßlich über 1 400 Regimegegner zu Tode kamen, zunächst Distanz zu Kairo gehalten, um sich nicht allzu offenkundig zum Komplizen blutiger Repression zu machen.
Zu Jahresbeginn hatte die Bundesregierung dann eine Wiederbelebung der bilateralen Zusammenarbeit in die Wege geleitet, die Anfang Juni in Al Sisis Besuch in der deutschen Hauptstadt mündete. Dabei ging es auch um lukrative Aufträge für die deutsche Industrie. Unter anderem konnte der Siemens-Konzern am 3. Juni den Abschluss eines Rekordgeschäfts vermelden: Er wird gemeinsam mit ägyptischen Unternehmen drei Erdgaskraftwerke sowie bis zu zwölf Windparks mit rund 600 Turbinen bauen und zudem in Ägypten ein Werk zur Herstellung von Rotorblättern für Windräder errichten. Das Gesamtvolumen wird mit acht Milliarden Euro beziffert – wie es heißt, der größte Einzelauftrag in der Firmengeschichte.