Am 25. April bombardierte die Türkei irakische und syrische Gebiete, in der mit der PKK verbundene Gruppen die Vorherrschaft ausüben. Im Irak wurden Gebiete der – wortwörtlich – vom sogenannten IS geschlachteten und misshandelten Jesiden in Sengal angegriffen, in Syrien war es ein YPG-Hauptquartier bei Karacok. Seitdem gab es fast jeden Tag Angriffe der Türkei und von mit der Türkei verbundenen Terrorgruppen auf kurdische Stellungen.
Die syrischen Kommunisten in Regierungskoalition und Opposition lehnen die türkische Aggression ab, schreibt das Regionalkomitee der Syrischen Kommunistischen Partei. Diese Ablehnung ist verbunden mit einer Ablehnung von US-Truppen in Syrien, obwohl die getöteten YPG-Kämpfer als Märtyrer bezeichnet werden. Die Kommunisten warnen vor Illusionen einer Koalition mit dem US-Imperialismus, wie sie von kurdischen Kräften praktiziert wird.
Das Neue an dem seit fast 40 Jahren andauernden Krieg zwischen der Türkei und der kurdischen Befreiungsbewegung wird hier deutlich: Die syrischen Kurden – vermeintliche Ableger der PKK bzw. mit der PKK eng verbunden – stützen sich auf ein breites und widersprüchliches Schutzbündnis, das die USA als NATO-Führungsmacht und engen Bündnispartner der Türkei einschließt, aber auch Russland und sogar die syrische Regierung. So sagte der syrische Außenminister am 8. Mai in einer Pressekonferenz, der Kampf der YPG gegen den IS sei ein legitimer Kampf. Die offene Kooperation mit den USA lässt er unerwähnt.
Ein bisheriger Lösungsvorschlag zum Schutz der Kurden in Syrien gegen die Angriffe der Türkei wurde wieder herangezogen: Im Nordosten Syriens um die Stadt al-Hasakah wurden US-Soldaten stationiert, wie CNN berichtet, und im Nordwesten Syriens um die syrisch-kurdische Stadt Efrin herum sind syrische und russische Soldaten an der Grenze zur Türkei stationiert worden. Diese „Lösung“ ahmt die Manbidsch-Lösung nach, wo die Türkei nach der Vertreibung des IS aus der syrischen Stadt Albab einen Angriff auf Manbidsch plante, bis die syrischen und russischen Soldaten ein Schutzgebiet zwischen der YPG und der Türkei errichteten. Seitdem haben die Angriffe dort aufgehört.
Die Türkei beendete offiziell die Militäroperation „Euphratschild“ und kündigte weitere Operationen gegen „Terrorgruppen“ an. Diese können und werden sich nur gegen die kurdisch beherrschten Gebiete richten, da zwischen der Türkei und dem IS keine gemeinsamen Frontlinien mehr bestehen. Dennoch versucht die Türkei, ein Ticket für die Schlacht um die vom IS beherrschte und terrorisierte Stadt Raqqa zu ergattern, was einen Krieg mit der YPG bedeutet.
Der Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan in Washington am 16. Mai soll eine Änderung der US-Pläne für Raqqa bringen. Aus US-Sicht ist der Kampf um Raqqa mit der YPG als Hauptkraft zu führen. Die US-Zeitschrift „Foreign Policy“ geht davon aus, dass sich die USA nicht von ihren Plänen abbringen lassen werden.
Parallel zur Auseinandersetzung zwischen der Türkei und den syrischen Kurden ist es Russland gelungen, in Kooperation mit der Türkei und der Islamischen Republik Iran vier Deeskalationszonen zu deklarieren. Diese Gebiete sind Orte der Konfrontation zwischen der syrischen Armee und den „gemäßigten Terroristen“, ausgeschlossen sind der IS und Al-Nusra-Front. In den Deeskalationszonen soll auf militärische Aktivitäten verzichtet werden, auch aus der Luft, was der syrischen Armee bisher eine relative Überlegenheit verschaffte. Erklärtes Ziel ist es, den Friedensprozess zu erneuern und die Kräfte im Kampf gegen den sogenannten IS zu vereinigen. Die unterschreibenden Staaten werden für die Einhaltung des Vertrages sorgen, was unter Umständen einen Einmarsch türkischer Truppen bedeutet. Den USA und ihren kurdischen Verbündeten blieb nur, den Vertrag zu kommentieren. Die USA kritisierten die Beteiligung Irans und antischiitischer Terroristen.
Währenddessen wird von Rheinmetall in der Türkei ein Panzerwerk errichtet und deutsche Waffen werden von irakisch-kurdischen Autonomiekräften gegen Jesiden eingesetzt. Darüber hinaus beschränken sich Deutschlands Vertreter darauf, die Vereinbarung Russlands, der Türkei und des Iran von außen zu kommentieren.