Zum Teilabzug der US-Armee aus Deutschland

Widersprüche ausnutzen

12.500 US-Soldaten sollen aus Deutschland abgezogen werden. Etwas weniger als die Hälfte sollen in andere europäische Länder verlegt werden, etwas mehr als die Hälfte zurück in die USA. Die Kriegszentrale EUCOM soll von Stuttgart nach Belgien verlagert werden, zwei weitere US-Stützpunkte sollen geschlossen werden.

Viele Medien werten dies als Bestrafungsaktion Trumps für die Bundesregierung. Die „FAZ“ als Sprachrohr einer einflussreichen Fraktion des deutschen Monopolkapitals denkt weiter und kommentiert: „Die Vereinten Nationen und ihr Sicherheitsrat werden bei anhaltender Bockigkeit der Vereinigten Staaten, bei steigendem Selbstbewusstsein Chinas und der traditionellen De­struktivität Russlands auch künftig kaum ein funktionierender Legitimationsrahmen für deutsche Außenpolitik werden können. Diese Rolle muss die Europäische Union übernehmen. (…) Mit der Bedeutung der EU wird automatisch der Führungsdruck auf die Deutschen steigen.“

Es muss nicht wundern, dass das Völkerrecht hier kein Bezugspunkt ist, dass Macht- und Führungsansprüche des deutschen Monopolkapitals Ausgangspunkt der Definition sind. Genau das führt sowohl bei der herrschenden Klasse in Deutschland und ihrer Regierung als verwaltender Institution des Staates, des „ideellen Gesamtkapitalisten“, zu Widersprüchen, als auch in den USA. Gemeinsam ist man sich recht einig im Kurs gegen die Volksrepublik China als „systemischen Gegner“ und die Russische Föderation als aufstrebenden Konkurrenten.

Allerdings führt die gegenseitige ökonomische Konkurrenz des deutschen Imperialismus und des US-Imperialismus selbst in dieser Grundeinigkeit immer wieder zu Widersprüchen. Den Kurs des US-Imperialismus gegen Huawei mitzumachen fällt schwer. US-Technologie ist teurer und man will diese Schlüsseltechnologie auch nicht vollständig den USA überlassen. So verhält es sich auch mit der Pipeline North Stream 2. Die Alternative ist Gas aus den USA – teurer und dadurch eben in der Hand des Konkurrenten.

Ähnlich dürfte es sich mit dem angekündigten Truppenabzug und dem Druck auf die Erhöhung der Rüstungsausgaben verhalten. Trump weiß, dass er seinen zurückliegenden Wahlsieg und vermutlich seine verbleibenden Chancen auf eine Wiederholung der Losung „America first“ zu verdanken hat. Darin kommt eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses innerhalb des Monopolkapitals der USA zum Ausdruck, die eine Schwächung der Rüstungskonzerne zu Lasten von eher binnenorientierten Kapitalen beinhaltete, die zudem noch unter der „Exportwalze“ des deutschen Monopolkapitals zu leiden hatten. Und spätestens seit man die Erfahrung gemacht hat, wie man Volkswirtschaften – damals die des europäischen Sozialismus – „totrüsten“ kann, nutzt man dies natürlich auch gegen konkurrierende „Freunde“.

Was bedeutet das für Friedenskräfte? Diese Widersprüche muss man ausnutzen. Natürlich sollen sie gehen, die amerikanischen Truppen, je mehr, desto besser, und ihre Atomwaffen sollen sie mitnehmen. Dass über die überhaupt nicht gesprochen wird, ist schon sehr auffällig. Also müssen wir es tun. Wenn die NATO als Zombie bezeichnet wird, dann sollten wir sagen – Raus aus der NATO.

Eines sollten wir allerdings nicht tun: Darüber spekulieren, ob in diesen Widersprüchen doch irgendwie eine wie auch immer geartete größere oder kleinere Friedlichkeit zum Ausdruck kommt. Zum Frieden kann der Imperialismus immer nur gezwungen werden – dazu gehört das Ausnutzen von Widersprüchen.

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"Widersprüche ausnutzen", UZ vom 7. August 2020



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