Wir dokumentieren die Rede von Alina (SDAJ), gehalten auf dem Ostermarsch in Düsseldorf am 19. April in voller Länge. Für bessere Lesbarkeit haben wir die Rede bearbeitet.
Liebe Friedensfreundinnen und -freude,
ich bin Alina von der SDAJ.
Als ich 12 Jahre alt war, 2011, ging die Nachricht herum, dass die Wehrpflicht abgeschafft wurde. Meine Mitschüler und ich haben gejubelt und uns gefreut, denn wir haben zwei Sachen damit verbunden: 1. Nach unserem Abschluss behalten wir unsere Selbstbestimmtheit und werden nicht gezwungen, zur Bundeswehr zu gehen. 2. Wir werden noch lange in Frieden leben. In mindestens einem Punkt haben wir uns getäuscht.
Seit der sogenannten „Zeitenwende“ wird nämlich in Deutschland wieder im großen Stil aufgerüstet. Wir erleben gerade die größte Militarisierung seit dem Zweiten Weltkrieg. Während unsere Schulen und Krankenhäuser verfallen, während für Erzieher und Pfleger kein Geld da sein soll, gibt die Regierung Milliarden für Kriegsmaschinen aus. Dafür darf aber die Bundeswehr an den maroden Schulen Werbung machen. Während uns jungen Menschen durch immer höhere Mieten, immer höhere Lebensmittelpreise und immer weniger Ausbildungsplätze die Luft zum Atmen abgedrückt wird, diskutieren die Herrschenden über die Wiedereinführung der Wehrpflicht – damit wir jungen Menschen dann als Kanonenfutter in den Schützengräben für die Profite der Rüstungsindustrie sterben dürfen. Die 12-jährigen von heute wachsen mit dem Wissen auf, dass wir kriegstüchtig werden müssen und jeder einzelne auch gegen seinen Willen an der Waffe ausgebildet werden kann. Das ist schrecklich, und wir müssen dagegen vorgehen, gemeinsam mit Schülerinnen, Schülern und allen antimilitaristischen Kräften in Aktion kommen und die geplante Wehrpflicht verhindern.
In den Medien wird der militärische Umbau unserer Gesellschaft mit dem Ukraine-Krieg begründet. Damit, dass wir uns gegen ein „aggressives Russland“ verteidigen müssten, das uns überfallen wolle. Der Ukraine-Krieg hat eine lange Vorgeschichte, und wir wissen genau, dass es die NATO war, die ihn entfacht hat.
Die NATO wollte die Ukraine mit einem Assoziierungsabkommen um jeden Preis in die westliche Einflusssphäre ziehen.
Die NATO hat der Ukraine einen Putsch, einen Regime-Change aufgezwungen.
Die NATO hat faschistische Schlägertrupps wie das Bataillon Asow bewaffnet.
Die NATO hat sich wortbrüchig nach Osten erweitert, um Russland einzukreisen. In einer Rede vor EU-Parlamentariern hat der ehemalige NATO-Generalsekretär Stoltenberg sogar zugegeben, dass die NATO die Möglichkeit hatte, das Einrücken russischer Truppen in die Ukraine zu verhindern. Stoltenberg erklärte, dass Russland der NATO zuvor einen Vertragsentwurf als Verhandlungsgrundlage geschickt hatte, der die militärische Neutralität der Ukraine und eine Abrüstung in Osteuropa vorsah. Stoltenbergs zynischer Kommentar: „Natürlich haben wir da nicht unterschrieben.“
In dieser Auseinandersetzung waren für die NATO und, mit im Boot, Deutschland Diplomatie und Verhandlungen für eine schnelle Waffenruhe kein vernünftiges Mittel, weil sie gar keinen Frieden wollen! Durch drei Jahre Krieg hat die NATO zehntausende Tote in Kauf genommen, um Russland zu schwächen. Die westlichen Staaten liefern immer mehr Waffen und boykottieren jede Friedensinitiative. Aber wir wollen Frieden! Sie heizen nur den Krieg an und drehen an der Eskalationsspirale, fördern das Leid der ukrainischen und russischen Bevölkerungen und spielen mit dem Dritten Weltkrieg. Wir fordern daher den sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen in die Ukraine!
Wir wissen auch, dass die NATO das stärkste Militärbündnis der Welt ist. Das Gerede, dass wir aufrüsten müssten, um uns gegen Russland zu verteidigen, ist absurd. Die undemokratisch beschlossene Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen, die Deutschland zur Zielscheibe in einem Dritten Weltkrieg macht, lehnen wir ab! Ob diese Raketen nuklear bestückt sind, kann Russland nicht feststellen, bevor sie schon in Moskau sind. Russland wird damit gezwungen, auf einen Angriff nuklear zu reagieren. Es entsteht eine Aufrüstungsspirale, die bei einer Eskalation die Natur und die Lebensgrundlage der Menschen zerstören wird. Das wäre unser Ende. Deswegen stehen wir entschlossen gegen die Stationierung US-amerikanischer Atomwaffen in Deutschland und die Präsenz des amerikanischen Militärs. Statt auf Eskalation zu setzen und die Kriegsgefahr zu erhöhen, kann wirkliche Sicherheit nur aus diplomatischen Initiativen mit Sicherheitsgarantien an Russland entstehen.
Während die Gefahr einer Eskalation des Ukraine-Krieges noch immer nicht gebannt ist, bedroht ein anderer Krieg die Sicherheit der Welt. Der Völkermord in Palästina wird insbesondere von Deutschland mit allen Mitteln unterstützt. Der israelische Rachefeldzug seit Oktober 2023 ist eine Fortsetzung der jahrzehntelangen rassistischen und kolonialen Apartheid-Politik, mit der Israel seit seiner Gründung das palästinensische Volk unterdrückt. Israel macht den Gaza-Streifen dem Erdboden gleich und bombardiert gnadenlos Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser. Die deutschen Politiker erzählen uns dafür etwas von „Staatsräson“ und „historischer Verantwortung“. Wir sagen: Historische Verantwortung heißt, immer gegen jeden Völkermord zu kämpfen.
Mit seinen völkerrechtswidrigen Angriffen gegen Länder wie Libanon, Syrien und Iran riskiert Israel den großen Krieg. Dabei wird es von Deutschland und den USA unterstützt; denn Israel wurde nur zu dem Zweck gegründet, Brückenkopf des westlichen Militärs zu sein, die arabischen Länder zu destabilisieren und die rohstoffreiche Region zu kontrollieren. Deutschland beteiligt sich an völkerrechtswidrigen Angriffen auf den Jemen, um Israel zu unterstützen. Wir sind daher solidarisch mit allen Kräften der palästinensischen Befreiung! Widerstand ist kein Verbrechen! Wir fordern das Ende aller Waffenlieferungen und aller Unterstützung für Israel! Wir sagen Nein zu deutschen Kriegseinsätzen!
Im Schatten dieser Kriege wird die Demokratie in unserem Land immer weiter abgebaut. Polizeiterror gegen Palästina-Demos, undemokratische Verbote gegen Medien und Organisationen wie PSDU oder das Islamische Zentrum Hamburg lassen uns fragen, wo diese „freiheitliche Demokratie“ geblieben ist, die wir angeblich gegen die „bösen Autokraten“ verteidigen müssen. Auch die Meinungsfreiheit wird eingeschränkt. Wer Frieden fordert, wird als „Putinversteher“, „Rechtsextremist“ und „Antisemit“ verurteilt.
Auch, wenn heute noch keine Bomben vom Himmel fallen, spüren wir die Auswirkungen eines Landes, das wieder kriegstüchtig werden will. In der Tarifverhandlung für den Öffentlichen Dienst hat der Arbeitgeber, also der deutsche Staat, immer wieder darauf verwiesen, dass in den Staatskassen kein Geld sei und sich bei jeder Tarifrunde quer gestellt, während gleichzeitig an milliardenschweren Kriegskrediten gebastelt wurde. Es ist unsere Aufgabe, diese Widersprüche aufzuzeigen, denn wir brauchen eine gute öffentliche Infrastruktur wie Kindergärten, Verwaltung, Theater oder Abwasser. Und die Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst haben eine richtige Anerkennung ihrer Arbeit verdient. Das Geld ist da, und Krieg brauchen wir nicht!
Liebe Friedensfreundinnen und -freunde, es ist an der Zeit, entschlossen gegen die Herrschenden und Kriegstreiber aufzustehen. Wir müssen ihnen zeigen, dass wir uns nicht für ihre Kriege hergeben. Wir müssen Druck aufbauen und Sand in das Getriebe der Kriegsmaschine streuen. Nicht nur heute, sondern im Alltag und immer wieder. Dabei dürfen wir uns nicht spalten lassen. Alle, die ehrlich für den Frieden sind, müssen an einem Strang ziehen, wenn wir etwas erreichen wollen. Wir müssen wieder breite Bündnisse schmieden, Friedenskräfte vereinen, wo es nur geht, und so viele Menschen wie möglich auf die Straße bekommen.
Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass alle kriegerischen Handlungen beendet werden. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass junge Menschen wieder mit den Gedanken groß werden, dass für immer Frieden sein wird. Lasst uns gemeinsam für Frieden kämpfen!
Wir sagen: Eure Kriege, ohne uns!
Hoch die internationale Solidarität!
Alina ist Mitglied der SDAJ