Russland-Afrika-Gipfel trotz gegenteiliger Bemühungen von USA und EU erfolgreich

Westen isoliert

„Sehr, sehr gut”: So stufte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa am vergangenen Samstag die Resultate des am Vortag zu Ende gegangenen Russland-Afrika-Gipfels ein. Die Beziehungen zwischen beiden Seiten entwickelten sich überaus positiv; man sei dabei, sie noch weiter auszubauen. War der Gipfel also schlicht ein voller Erfolg?

Blickt man mit etwas Abstand auf den Sankt-Petersburger Gipfel zurück, dann bleiben vor allem drei Erkenntnisse.

Die erste: Russland ist, da mag der Westen noch so toben, weiterhin nicht isoliert. Trotz massiven Drucks auf die afrikanischen Staaten – wer hochverschuldet ist oder westliche Truppen im Land stehen hat, ist erpressbar – machten sich 21 Staats- und Regierungschefs nach Russland auf, 49 von 54 Ländern des Kontinents waren mit zumeist hochrangigen Delegationen vertreten. Maßnahmen zur engeren Kooperation auf den Feldern von Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und allerlei mehr wurden in den Blick genommen; eine ausführliche Abschlusserklärung legte die Leitlinien dafür fest. Wie immer: Was davon realisiert werden kann, wird die Praxis zeigen. Der Wille dazu ist aber auf allen Seiten da. Dass deutsche Medien, um die Beteiligung am Gipfel so schwach wie möglich aussehen zu lassen, vom global üblichen Brauch abwichen, die Zahl der anwesenden Staats- und Regierungschefs zu melden und stets nur von 17 Staatschefs berichteten, spricht Bände. Mal sehen, ob beim nächsten Gipfel mit deutscher Beteiligung auch Kanzler Olaf Scholz nicht mehr zählt.

Die zweite Erkenntnis: Die Staaten Afrikas werden selbstbewusster. Das zeigte nicht zuletzt die Abschluss-erklärung. Operierten Staaten, die Entschädigung für Kolonialverbrechen einforderten, bisher stets isoliert – Namibia mit seinem Drängen auf Reparationen für den deutschen Genozid an den Herero und Nama ist das bekannteste Beispiel –, so legten sich in der Erklärung alle in Sankt Petersburg vertretenen Staaten darauf fest, den Prozess der Entkolonialisierung zu vervollständigen und „Entschädigung für den wirtschaftlichen und humanitären Schaden“ zu verlangen, den die Kolonialherrschaft ihnen zugefügt hat. Dabei ist ihr neues Selbstbewusstsein keine Einbahnstraße. Immer wieder drängten ihre Vertreter darauf, Russland müsse den Getreidedeal mit der Ukraine umgehend wieder erneuern, denn sein Aussetzen treibe die Weltmarktpreise für Getreide schmerzhaft in die Höhe. Und: Einige Staatschefs aus Afrika drängten Moskau öffentlich zu baldigen Gesprächen mit Kiew. „Wir spüren“, erklärte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, „dass wir das Recht haben, Frieden zu fordern; der anhaltende Konflikt hat negative Auswirkungen auch auf uns.“

Und die dritte, wenngleich nicht neue Erkenntnis: Die deutsche Bourgeoisie kennt keine Zwischentöne, keine kleinen Zugeständnisse mehr, sie kennt, stahlhart, zäh wie Leder, nur noch Freund und Feind. Nehmen da afrikanische Staaten die einst so viel gepriesene Freiheit wahr, die eigenen Bündnispartner selbst zu wählen und in ihrem Fall nicht nach Kiew, sondern nach Sankt Petersburg zu fliegen? Ha! Man legt alle Daumenschrauben an, die zur Verfügung stehen, und die Medien jubeln, wenn der nächste Staat einknickt und nur den Außenminister nach Russland schickt. Afrika gewinnt an Selbstbewusstsein? Schadenfreude greift um sich, dass die afrikanischen Staaten Moskau zu Gesprächen mit Kiew auffordern. Sie verlangen Entschädigung für Kolonialverbrechen? Eisiges Schweigen. Sympathie mit Afrika gibt es in Deutschland nur, wenn es sich den einstigen Kolonialherren und ihren Weltordnungsplänen bedingungslos unterordnet. Dann steckt man ihm auch mal ‘nen Euro gegen das Verhungern zu. Aber auch nur dann.

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"Westen isoliert", UZ vom 4. August 2023



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