Der Bauer und der Winzer stehen auf im Land. Sie streiten zu Recht wider die großen Discounter, die ihnen ihre Produkte zu niedrigsten Preisen abpressen – und wie vor 500 Jahren stellt sich auch heruntergekommener Adel an die Spitze der hellen Haufen: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, Weinkönigin 1995 und frischgebackene Trägerin des Pfälzer Saumagen-Ordens. Hellsichtig anlysiert sie, wer schuld ist an der Not des Landwirts (und der nicht genannten Agrarindustrie): die Leute. Die geben nämlich nur durchschnittlich 10 Prozent des Haushaltseinkommens für Nahrungsmittel aus, wo sie doch, weiß Frau Klöckner, dann Hunderte Euro für ein neues Handy übrig haben. „Wertschätzung“ bäuerlicher Leistung sei es, wenn alle mehr bezahlen beim Discounter, wer‘s nicht kann, soll Prioritäten setzen. Da die Armut bekanntermaßen vom Mangel an Geld kommt, läuft das für viele auf die Alternative „Essen oder wohnen“ hinaus – aber der Vermieter wird sich kaum darauf einlassen, an zweiter Stelle zu kommen und sein Menschenrecht auf, sagen wir, 40 Prozent des jeweiligen Haushaltseinkommens zu verteidigen wissen. Die Rechnung geht im Profitsystem nur auf eine Weise auf: Der französischen Königin Marie-Antoinette wird zugeschrieben, sie habe den Schrei des Volkes nach Brot mit „Dann sollen sie doch Kuchen essen“ kommentiert. Später verlor sie dann völlig den Kopf. Ein solches Schicksal wollen wir Frau Klöckner nicht wünschen.
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