Werden Jugendliche aktiv, strahlt das aus

Wir dokumentieren an dieser Stelle das Interview der „jungen Welt“ mit Lara Turek von der SDAJ.

Das linke »Festival der Jugend«, das von Freitag bis Pfingstmontag in Köln stattfindet, steht unter dem Motto »Zeit für Widerstand«. Lernen Jugendliche dort etwas, um die von ihnen in ökologischen, sozialen und feministischen Bewegungen bereits kritisierte Lebensrealität zu verändern?

Das Festival ist ein Forum, um sich zu Aktivitäten in unterschiedlichen Lebensbereichen austauschen, ob zum Antifaschismus oder zum Antimilitarismus. Auf dem Programm steht auch eine Gesprächsrunde zum Thema Klima und Umwelt, woran Jugendliche von »Fridays for Future« teilnehmen. Zudem werden wir darüber diskutieren, wie man sich in Schule oder Betrieb innerhalb von Schüler- oder Auszubildendenvertretungen engagieren kann, um mit neuem Schwung politisch aktiv zu werden.

Auch ein »Expertengespräch zur Rechtsentwicklung« und ein Workshop »Rechte Argumente entkräften« sind geplant. Schwächelt die Linke auch deshalb, weil sie sich aktuell zu sehr an den Rechten abarbeitet und zu wenig Strahlkraft für eine positive Lebensgestaltung der Jugendlichen entwickelt?

Die Frage ist: Wie ist die Lage und woher resultiert diese Rechtsentwicklung überhaupt? Unserer Meinung nach ist nicht die AfD daran schuld, sie ist ein Symptom der gesamten staatlichen Entwicklung nach rechts. Deshalb geht es darum, zu vermitteln, dass nicht alle Menschen sofort als Nazis zu bezeichnen sind, die einen rassistischen Spruch machen oder Flüchtlinge doof finden. Zu überlegen ist: Wie reden wir mit Leuten, die auf solche Spaltungsversuche anspringen? Wie ist ihnen auszureden, dass der Geflüchtete oder die rumänische Pflegerin vermeintlich Feinde sind? Werden Jugendliche so aktiv und bleiben nicht in ihrer kleinen linken Blase, strahlt das in die Gesellschaft aus. Das Festival soll zeigen, wie linke und fortschrittliche Kultur gelebt werden kann. Wir machen alles selbst und gehen solidarisch miteinander um.

Stichwort Europawahl: Weil sie kaum Stimmen von Jüngeren bekamen, diskutieren CDU und SPD jetzt darüber, »cooler und hipper« werden zu müssen. Hat nicht auch Die Linke hier Nachholbedarf, wenn es um eine modernere Ansprache geht?

Freilich kann man versuchen, auf die Verhaltensweisen von Jugendlichen einzugehen. Aber der springende Punkt ist ein anderer. Die jungen Menschen stellen fest, dass diese Parteien nicht in ihrem Interesse handeln. Die Grünen haben zwar die »Fridays for Future«-Bewegung als erste gepusht, weshalb sie viele Stimmen erhielten. Allerdings wird häufig unterschlagen, dass sie eine Kriegstreiber-Partei sind, die 1998 mit ihrer Zustimmung zum Kosovo-Einsatz dafür sorgte, dass sich deutsche Soldaten erstmals seit 1945 wieder an einem Krieg beteiligen. Auch Hartz IV wurde unter einer SPD-Grünen-Regierung verabschiedet. All dies können die 14- bis 18jährigen nicht wissen, da die Medien es kaum thematisieren. Obendrein ignorierten große Teile der Gewerkschaften lange die für Lohndumping verantwortliche Agenda 2010, weswegen Proteste ausblieben. Allein ein jugendgerechteres Auftreten hilft jedoch genauso wenig wie ein rückwärts gewandtes Denken. Es gilt, sich bei heutigen Konflikten einzusetzen, zum Beispiel beim Pflegenotstand in den Kliniken, und dafür zu sorgen, dass Unruhe aufkommt. Nur so wird sich etwas verändern.

Auf einem Podium des Festivals debattieren internationale Gäste zum Thema »Gemeinsam gegen die EU«. Was genau kritisieren Sie an dem Staatenbund?

Die EU wird uns als Friedensprojekt verkauft. Ohne sie, so heißt es, würde es zu Tod und Armut kommen. Aber das ist eine Lüge: Es ist gerade dieses Konstrukt, das verantwortlich ist für sozial ungerechte Verteilung und viele Tote an den europäischen Außengrenzen. Wir müssen raus aus der EU, sie ist nicht mehr zu reformieren.

Ist diese Forderung nicht problematisch, da Rechtsnationalisten dies ebenso propagieren?

Das hat damit gar nichts zu tun. Die AfD will ja eine EU der Vaterländer. Wir aber befürworten eine sozialistische Umwälzung der Staaten. Schließlich profitiert die Mehrheit der europäischen Bevölkerung nicht von der EU. Das tun nur die Konzerne und die Banken.

Quelle: junge Welt

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