Wehrbeauftragte soll Grundrechte schützen, trommelt aber für Aufrüstung

Werbung statt Kontrolle

Zu viele Schulen in Deutschland sind in einem erbärmlichen Zustand, ebenso stehen Kommunen vor dem finanziellen Ruin. So müsste ein Bildungsbericht einer Jugendbeauftragten oder der Kommunenbericht einer Kommunalbeauftragten der Regierung lauten. Das interessiert aber weder die Medien noch die Politik, auch nicht, dass die GEW die Kitas kurz vor dem Zusammenbruch sieht. Es fehlen 266.000 Kita-Plätze.

Dagegen wird der Bericht der Wehrbeauftragten des Bundestages weidlich genutzt, um für noch mehr Geld für die ohnehin schon überdimensioniert finanzierte Bundeswehr fette Werbung zu machen. Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) agiert quasi als Assistentin des Ministers für Aufrüstung und verkündet unter anderem: „Zu viele Kasernen in Deutschland sind in einem erbärmlichen Zustand.“ Sie verlangt noch mehr Steuergeld als Boris Pistorius (SPD). Der neue Hardliner im Ministerium der „Verteidigung“ hatte zusätzliche 10 Milliarden Euro für die Bundeswehr gefordert, Högl verlangt zusätzliche 300 Milliarden Euro.

Das ist nicht die Aufgabe, die das Parlament ihr vorschreibt. Die Wehrbeauftragte soll „Anwältin“ der Soldatinnen und Soldaten sein. Den Bundestag soll sie bei der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte unterstützen. Sie soll immer dann tätig werden, wenn Umstände bekannt werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte der Soldaten oder der Grundsätze der Inneren Führung schließen lassen. Die Meldungen über die Verletzungen der Grundrechte, Schikanen und ähnliches erscheinen im Bericht aber an untergeordneter Stelle. Auch die Aufzählung von sexuellen Übergriffen, denen insbesondere Frauen ausgeliefert sind (80 Prozent), nehmen keine prominente Stelle im Bericht ein.

Vorneweg wird vielmehr begeistert die Politik der Regierung und der NATO dargestellt, die Aufgabenerledigung durch die Bundeswehr aufs Höchste gelobt: „Binnen kürzester Zeit hat die NATO zur Abschreckung Russlands und als Zeichen der Solidarität mit unseren Verbündeten und Partnern ihre Ostflanke massiv verstärkt. Die Bundeswehr leistete hierzu einen herausragenden Beitrag: Infanterie nach Litauen, Patriots in die Slowakei, Eurofighter nach Estland und Rumänien, fast die gesamte schwimmfähige Marine in die Ostsee.“ Die sozialdemokratische Wehrbeauftragte stellt eine „eindrucksvolle Einsatzbereitschaft“ fest. So assistiert sie ihrem Parteikollegen Pistorius und legitimiert das Handeln der Regierung, verkommt zur Pressesprecherin des Ministers. Sie verlangt mehr Aufrüstung, mehr Geld, mehr Personal. Das 100-Milliarden-Sondervermögen könne nur ein „Zwischenschritt“ sein auf dem Weg zu einer vollständig einsatzbereiten Bundeswehr.

Wieder wird der Krieg in der Ukraine genutzt, um uns unser Steuergeld aus den Taschen zu ziehen. Es brauche einen zweistelligen Milliardenbetrag, um die Munitionsbestände wieder aufzufüllen und Munitionslager zu bauen. Und das von Scholz propagierte „Deutschland-Tempo“ verlangt sie nun auch für die „Verteidigung“. Die Situation der Bundeswehr soll besorgniserregend klingen, damit bei den Menschen, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern der Eindruck entsteht, es müsse viel mehr Geld für diesen Moloch zur Verfügung gestellt werden. Dabei sei in Erinnerung gerufen, dass die Ausgaben für „Verteidigung“ auf 58,6 Milliarden Euro (ein Plus von16,3 Prozent) steigen. Richtungsänderungen vom Sozialstaat in Richtung Militärstaat werden mit Billigung und durch die Weißwaschung der Wehrbeauftragten weiter vorangetrieben.

Ein klitzekleiner Lichtblick ist zu bemerken: Die Wehrbeauftragte musste berichten, dass sich die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber im vergangenen Jahr um 11 Prozent erheblich verringert hat. Dagegen soll aber im Frauenbereich verstärkt gewildert werden, um die fehlenden Bewerber für diesen tödlichen Auftrag zu ersetzen.

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"Werbung statt Kontrolle", UZ vom 24. März 2023



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