Deutsche Wohnen und Vonovia wollen fusionieren. Berlin gibt mindestens 17 Prozent dazu

Wer zahlt den Mega-Deal?

Gut einen Monat nach dem Scheitern des „Berliner Mietendeckels“ wurde die „Megafusion“ bekannt, die den größten deutschen Wohnungshändlern Kostenoptimierungen sowie mehr marktpolitisches Gewicht einbringen soll. Für 18 Milliarden Euro, die der Vonovia-Konzern für die erforderliche Aktienmehrheit zahlen muss, entsteht ein Gigant mit über 570.000 Wohnungen, davon knapp 160.000 in Berlin. Christian Lindner von der FDP sieht die Fusion offenbar deshalb als Resultat der Berliner Wohnungspolitik: „Wer von reguliertem Wohnungsmarkt, staatlichen Mietpreisen und Enteignungen träumt, fördert die Konzentration auf dem Wohnungsmarkt.“ Ähnlich Rouzbeh Taheri, Sprecher der Berliner Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen!“, die in den Endspurt geht, um bis zum 25. Juni die nötigen 175.000 Unterschriften für ihren unverbindlichen Gesetzentwurf zusammen zu bekommen: Mit der Fusion habe man „einen Dax-Konzern in die Knie gezwungen“.

Dass, sollten die Kartellbehörden grünes Licht geben, nach mehreren gescheiterten Versuchen nun die Übernahme des einen Immobiliengiganten durch den anderen zustande kommt, liegt sicher nicht an der Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. enteignen!“ und erst recht nicht an den Scheinversuchen des rot-rot-grünen Senats, die Wohnungspolitik ein wenig sozialer zu gestalten. Und vom Niedergang des Immobilienbusiness kann schon gar keine Rede sein. Zwar wird der Name „Deutsche Wohnen“ verschwinden, die durch den Mega­konzern beherrschten Wohnungen werden jedoch weiterhin ausschließlich der Profitmaximierung dienen. Selbstverständlich auf Kosten der Mieter.

Eine derartige Marktmacht bedeutet auch einen erheblichen Einfluss auf die künftige Stadtplanung und -gestaltung. Nebenbei war zu erfahren, dass die eigentlich bei solchen Deals fällige Grunderwerbssteuer von bis zu 6,5 Prozent, immerhin etwa 1 Milliarde Euro, diesmal entfällt. Denn das Anfang Mai von SPD und CDU im Bund neu ausgehandelte „Share-Deal-Gesetz“ nimmt börsennotierte Immobilienunternehmen explizit davon aus („Berliner Zeitung“, 29. Mai). Wieso eigentlich? Die Spitzenvertreter der Berliner SPD saßen jedenfalls unmittelbar vor der öffentlichen Bekanntgabe der Fusionspläne in einer Kungelrunde mit den Konzernspitzen. Am 25. Mai gaben Michael Müller, Regierender Bürgermeister, und sein Finanzsenator, Matthias Kollatz, gemeinsam mit beiden Konzernchefs eine Pressekonferenz: Letztere nutzten sie dafür, sich in Berlin ein soziales und mieterfreundliches Image anzudichten.

Man verkündete, die Bestandsmieten in den kommenden zwei Jahren zunächst nur um ein Prozent pro Jahr und anschließend für drei Jahre in Höhe des Inflationsausgleichs erhöhen zu wollen. Die Umlage von Modernisierungskosten solle auf maximal 2 Euro pro Quadratmeter begrenzt werden. Des Weiteren würden durch den fusionierten Konzern sage und schreibe 13.000 Wohnungen gebaut werden, davon 30 Prozent öffentlich gefördert („Sozialwohnungen“). Was gut klingt, ist im Wesentlichen nichts anderes als die Ankündigung, sich an ohnehin geltende Vorgaben und Gesetze halten zu wollen.

Wohl als „Superknüller“ gedacht war schließlich die Nachricht, dass der neue Mega-Konzern im Zuge der Fusion 20.000 Wohnungen der Stadt „überlassen“ werde. Es handelt sich wohl hauptsächlich um Bauten Westberliner Großsiedlungen wie die Thermometersiedlung in Lichterfelde, das Falkenhagener Feld in Spandau oder auch die Hochhäuser rund um das Kottbusser Tor in Kreuzberg. Sie alle wurden in den 1970er Jahren per Billigbauweise errichtet und sind mittlerweile wohl in überwiegend schlechtem Zustand. Vonovia kassiert dafür gut 3 Milliarden Euro. Das heißt nichts anderes, als dass knapp 17 Prozent der Fusionskosten das Land Berlin trägt. Für die Sanierung der „überlassenen“ Immobilien wird es sicher nochmals kräftig draufzahlen. „Wir deckeln, wir verkaufen (…) und wir bauen“, frohlockt Vonovia-Chef Rolf Buch und spricht von einem „guten Signal an die Berlinerinnen und Berlin“. Er meint das Berlin des Immobilienfilzes und der Upper Class.

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"Wer zahlt den Mega-Deal?", UZ vom 4. Juni 2021



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