Es muss an der DDR weit mehr gewesen sein als es seit nunmehr 35 Jahren in Politik und Medien dargestellt wird. Was vor Jahren mancher noch mit einiger Skepsis sah, erhält mit jedem Jahr mehr Aussagekraft: Die DDR war die bisher größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Mit Abstand von Jahren gelangen Ereignisse mitunter erst zu vollem Bewusstsein. Wenn in diesen Tagen mit kaum vorstellbarem Drang und Zwang die DDR rund um die Uhr medial beerdigt wird, diffamierende Endlosschleifen ablaufen, geschieht das nicht grundlos. Ohne Diffamierungen der DDR geht es nicht, wenn man die eigene Realität beschönigen muss. Der Phantomschmerz von 40 Jahren DDR, 40 Jahren Grenze und Mauer vor dem Zugriff des Kapitals, das wirkt nach. Was einmal in der Welt war, ist nicht auszulöschen. Wie viele der Tausende von Leipzig bis Plauen, die zum x-ten Male vorgezeigt werden, sehen ihren Ruf und Schritt in die vermeintliche freie Welt noch ungetrübt, ohne Ernücherungen? Gibt es heute nicht auf verkehrte Art und Weise verblüffende Ähnlichkeiten mit 1989? Während die Herrschenden unter sich prunkvoll ihre Einheit feiern, ignorieren sie, was zunehmende Teile der Bevölkerung auf die Straßen treibt. Nehmen sie noch wahr, was das Volk berührt, empfindet und was es von den leeren Sprüchen der Regierenden hält? Wie gehen Politik und Regierende mit Protest um? Martialische Bilder der Staatsgewalt gegen Andersdenkende sind heute eine Realität. 1989 waren sie eine Seltenheit. „Diktatur” schimpfen sie die DDR. Aber was und wer regiert heute? Mehr noch, entgegen aller historischen Verpflichtung treibt das Deutschland unserer Tage dieses Land und Volk bewusst in einen Dritten Weltkrieg. Wie weit entfernt die herrschende Klasse vom Volk ist, zeigen sie offen in all ihrem Tun und Denken.
Wer regiert heute?
Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.
An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)