Beschäftigte bereiten sich auf die Tarifrunde der Länder vor

Wer nicht streikt, hat schon verloren

Nora Hachenburg

Am 11. Oktober 2023 (nach Redaktionsschluss von UZ) beschloss die Bundestarifkommission von ver.di (BTK) die Forderungen für die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst der Länder. Die letzte Tariferhöhung für die 1,2 Millionen Tarifbeschäftigten gab es mit 2,8 Prozent mehr Entgelt im Dezember 2022. Vorausgegangen waren 13 Nullmonate, für die die Beschäftigten ausschließlich eine steuerfreie Corona-Sonderzahlung von 1.300 Euro erhalten hatten. Dementsprechend groß ist bei den Preissteigerungen der letzten eineinhalb Jahre der Nachholbedarf für die Beschäftigten in den Landesverwaltungen, den Steuer- und Justizbehörden, den Universitäten und Universitätskliniken und bei den angestellten Lehrkräften und weiterem pädagogischen Personal an den Schulen, welche in der GEW organisiert sind. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sind zusätzlich viele Beschäftigte betroffen, die in Kitas und anderen öffentlichen Einrichtungen in der kommunalen Daseinsvorsorge arbeiten. In Kombination mit den 1,3 Millionen Beamtinnen und Beamten der Bundesländer, für die ver.di die Übertragung des Tarifabschlusses von den Landesregierungen verlangen wird, geht es um rund 2,5 Millionen Beschäftigte. Für sie wird sich in der Tarifrunde entscheiden, ob der Entwertung ihres Einkommens zumindest eine deutliche Lohnerhöhung entgegengesetzt wird oder ob die Umverteilung von den Beschäftigten zu den Konzernen und Kriegsprofiteuren ungebremst weitergeht.

An der ver.di-Beschäftigtenbefragung zur Tarifforderung beteiligten sich 66.840 Kolleginnen und Kollegen, von denen viele nicht in ihrer Gewerkschaft organisiert sind. Außerhalb der streikerfahrenen Universitätskliniken und weniger anderer Betriebe bringen die Belegschaften kaum Erfahrung mit Auseinandersetzungen mit. Die Tarifergebnisse der letzten Jahre waren der Bereitschaft der Herrschenden geschuldet, die Landesbeschäftigten nicht allzu weit vom TVöD bei Bund und Kommunen abzuhängen.

Die Lohnforderungen aus der Beschäftigtenbefragung, auf dessen Grundlage die BTK die endgültige Forderung beschließt, gehen weit in den zweistelligen Bereich hinein. Vielerorts wird auch eine Mindestlohnerhöhung von 400 bis in der Spitze 1.000 Euro gefordert. Darüber hinaus wird die Forderung der Belegschaften aus den Stadtstaaten nach einer Zulage („Hamburg-Zulage“) und die Tarifierung der Arbeitsverhältnisse von studentisch Beschäftigten die Diskussion prägen. In diesen beiden Bereichen ist überproportional viel Mobilisierungsarbeit für die anstehende Tarifauseinandersetzung wahrnehmbar, was dem Kampf um die wichtigen Lohnerhöhungen weitere Leuchttürme geben könnte, in denen der Streik auch außerhalb der Unikliniken wieder auf die Straße gebracht wird.

In den anstehenden drei Verhandlungsrunden (20. Oktober, 02./03. November, 07./08. Dezember) wird sich zeigen, inwieweit diese Tarifrunde auch genutzt werden kann, um der Einbindung der Gewerkschaften in den Aufrüstungs- und Kriegskurs etwas entgegenzusetzen und sich nicht frühzeitig auf einen schlechten Kompromiss einzulassen.

Dass es dafür Chancen gibt, ordnet das DKP-Betriebsaktiv am Uniklinikum Essen in ihrer aktuellen „Klinikpresse“ so ein: „Nur wenn sich mehr Beschäftigte als in der Vergangenheit in den Kampf um ihre Arbeitsbedingungen begeben, können Verbesserungen durchgesetzt werden. Schlechte Ergebnisse und den damit einhergehenden Frust muss man nicht einfach hinnehmen. In den Tarifrunden im TVöD, bei der Post und vor allem zuletzt bei der Deutschen Bahn haben viele Gewerkschaftsmitglieder den Abschlüssen nicht zugestimmt, sondern auf weitere Streiks gedrängt, weil sie das Ergebnis nicht als ausreichend bewertet haben. 2015 – in einer Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst – haben es die Streikenden geschafft, ihren Streik fortzusetzen, auch wenn die Gewerkschaftsspitze schon signalisiert hatte, dass die Tarifrunde zu Ende ist. Solche Signale braucht es noch viel häufiger. Die Kassen der großen Unternehmen klingeln und die Beschäftigten sollen sich mit ‚Lohnerhöhungen‘ abspeisen lassen, die noch nicht einmal die Inflation ausgleichen? Damit muss endlich Schluss sein!“

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"Wer nicht streikt, hat schon verloren", UZ vom 13. Oktober 2023



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