Feiern kommt einem vielleicht nicht sofort in den Sinn in Zeiten, in denen nicht nur wegen der Inflation die Hütte brennt und die Demonstrationen zum 1. Mai eher friedlichen Spaziergängen gleichen. Auch nicht, wenn auf eben diesen Maikundgebungen Friedenspolitik und die Eskalation der NATO keine Rolle in den Reden spielt, das 100-Milliarden-Hochrüstungsprogramm der Bundesregierung keine Erwähnung findet und wenn der Krieg in der Ukraine höchstens als Preistreiber genannt wird, aber niemand auch nur an die gigantischen Gewinne der Rüstungsindustrie zu denken scheint.
Nicht zum Feiern zumute ist einem auch, wenn Gewerkschaftsfunktionäre zwar auf die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 in Deutschland hinweisen und richtigerweise feststellen, dass es auch Aufgabe der Gewerkschaften ist, zu verhindern, dass so etwas je wieder vorkommt. Denn statt daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, kommt die Floskel von der unerschütterlichen Solidarität mit der „Ukraine“. Nichts scheint der DGB zu wissen von der Enteignung der ukrainischen Gewerkschaften, nichts vom 2. Mai 2014, als faschistische Banden im Gewerkschaftshaus von Odessa 48 Menschen verbrannten oder erschlugen.
Also lieber nicht feiern? Im Gegenteil, gerade doch!
Denn der 8. Mai ist und bleibt der Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus, der 9. Mai der Tag des Sieges. Sie sind und bleiben Gründe zu feiern – und es sind die Tage, an denen wir sagen: Dank euch, ihr Sowjetsoldaten!
Dank an unsere Befreier muss heute heißen: Kampf für Frieden mit Russland und China. An Ehren- und Denkmälern, bei Demos und Kundgebungen. Den Kriegstreibern in die Arme fallen und sich der herrschenden Propaganda widersetzen. Vielleicht bleibt dann abends ja noch ein Stündchen, sich zusammenzusetzen. Denn wer nicht feiert, hat verloren.