Kennen Sie Monopoly? Dumme Frage. Jeder kennt Monopoly. Ich hasse es. Ich kenne kein langweiligeres Spiel. In den ersten Runden entscheidet das Würfelglück, wer was besitzt. Und danach ist es ein langes Siechen der Würfelglücklosen und ein stetiges Anhäufen der Würfelbeglückten. Bis am Ende einer alles besitzt. Wer erfindet so ein Spiel? Elizabeth Magie. Und zwar 1904, um genau zu sein. Ursprüngliche Bezeichnung war „The Landlords Game“ – Das Spiel der Hausbesitzer. Als Anhängerin sozialreformerischer Ideen wollte sie mit ihrem Spiel zeigen, wie unfair es zugeht auf dem Wohnungsmarkt. Bei mir hat das eindrucksvoll geklappt. So ein Monopol macht eben nicht mal im Spiel Spaß. Deswegen hatte die gute Frau auch eine zweite, heute nahezu unbekannte Variante ins Spiel miteingeplant. Auf Hausbesitz fällt eine Steuer an. Womit eine Monopolbildung verhindert und allen Wohlstand beschert werden sollte. Soweit die Spielidee der Erfinderin. Der Spielehersteller Parker lehnte diese Variante als zu komplex und zu politisch ab. Der Rest ist Geschichte.
Vielleicht bemerkte der italienische Kommunist Gramsci ausgerechnet bei einer Partie Monopoly, dass die Revolution auch eine Frage der Vorherrschaft im Kulturbereich ist. Wie soll man schon ein guter Kommunist werden, wenn man immer nur die Rolle des Monopols übt?
Also müssen klassenbewusste Spielalternativen her! Aber wo sind sie zu finden? Denn wie schon zu Ms. Magies Zeiten sagen die großen Spielehersteller zu solchen Spielen wohl meistens „No“. Linke Spiele mussten meist also selbst herausgegeben werden und sind somit auch nicht ganz leicht aufzuspüren.
Die Gruppe Nürnberg hat sich, ganz Gramsci verpflichtet, auf die Suche gemacht. Sie ist dabei derart fündig geworden, dass sie im Dezember einen roten Spieletag mit einem Dutzend Spielen veranstalten konnte. Aufgrund reger Teilnahme und Begeisterung – darunter auch vier syrischer Flüchtlinge – wird es im April die Fortsetzung geben. Unsere Top drei möchten wir nun vorstellen:
Klassenkampf
Das wahrscheinlich bekannteste revolutionäre Brettspiel (Bild links in der Mitte). Zu Beginn werden die Klassenzugehörigkeiten ausgewürfelt, denn wer kann sich schon seine Klassenzugehörigkeit aussuchen? Und dann geht es in vielen Ereignisfeldern bis zur Revolution. Oder auch nicht. Analog dem „Spiel des Lebens“ ereignet sich so einiges auf dem Weg dorthin. Klassen können sich verbünden und verfeinden. Ein Generalstreik wird ausgerufen, der je nach Klassenzugehörigkeit Plus- oder Minuspunkte einbringt. Den Spieleentwicklern ist hierfür herzlich zu danken, denn ganz der Realität verpflichtet begünstigt das Spiel meist das Kapital.
Provopoli – Wem gehört die Stadt?
Die beste Rezension hierfür bietet das „Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung“, das 1980 das Spiel auf die „Liste der jugendgefährdenden Schriften“ setzen ließ. Denn es sei dazu geeignet „Kinder und Jugendliche sozialethisch zu verwirren und sittlich zu gefährden“. Des Weiteren besitze es „staatsfeindliche und terroristische Inhalte“ und es „werde zu Geiselnahme, Bombenanwendung, Errichtung von Barrikaden, Einbrüche[n] in Amtsräume angeregt. Weiterhin werde in diesem Spiel die Demokratie generell abgelehnt und deshalb ein terroristischer Kampf um Gesellschaftsveränderung, der verfassungswidrig ist, propagiert“. Natürlich ist das Franz-Josef-Straußisch übertrieben. Auf dem Spielfeld, das eine Stadt abbildet, spielen zwei Gruppen, Rot und Blau, gegeneinander. Die Revolutionäre gegen die Zustandsbewahrer. Dabei kommen eben legale und illegale Methoden zum Einsatz, ganz wie in der Realität. 2005 wurde das Verbot aufgehoben – wenn das der Franz Josef wüsste.
Alle reden vom Wetter
Das Quiz der SJÖ (Sozialistische Jugend Österreich) hat das gleiche Spielprinzip und Feld wie das berühmte „Trivial Pursuit“. In Teams oder einzeln müssen sechs Wissenssteine gesammelt werden, indem zur jeweiligen Kategorie eine Frage richtig beantwortet wird. Die Kategorien lauten: Marxismus und emanzipatorische Bewegungen, ArbeiterInnenbewegung, Frauenbewegung, Sozialistische Staatenwelt, Imperialismus und Faschismus, Bürgerliche und revolutionäre Bewegungen. Tolles Spiel, mit einem kleinen Wermutstropfen: Die Kategorie ArbeiterInnenbewegung ist derart speziell auf Österreich zugeschnitten, dass die Fragen fast unmöglich zu beantworten sind.
Wer nun die zum Teil hohen Investitionskosten für ein eigenes Erleben scheut, dem sei hier noch die kommunistische Mensch-ärgere-dich-nicht Version empfohlen. Dabei gibt es nur Spielfiguren in einer Farbe, natürlich Rot. Jeder hat trotzdem seine vier Figuren auf dem Startfeld und muss vier Figuren ins sichere Häuschen bringen. Zwischen Start- und Zielhäuschen ist es aber völlig egal, mit welcher Figur man läuft.
Wenn beim nächsten Familienfest die Frage der spielerischen Vorherrschaft im Raum steht, muss man nicht die langwierige und -weilige Monopolbildung über sich ergehen lassen, sondern im Kreis der Liebsten schon mal ganz spielerisch den Kapitalismus abschaffen.