Niedlich sieht er aus mit seinen schwarzen Kulleraugen: „Pepper“ heißt ein humanoider Roboter des französischen Herstellers Aldebaran. Der Service-Roboter gilt als Vertreter einer der Schlüsseltechnologien der nächsten Jahrzehnte. Seiner Konkurrenz aus China und Japan soll er einiges voraus haben.
2022 übernahm deswegen die Bochumer Firma United Robotics Group GmbH Aldebaran. United Robotics gehört zu 75,1 Prozent der RAG-Stiftung und sieht sich als „europäischer Marktführer im Bereich Service-Robotik“. Derlei Roboter würden „schon bald mehr im Arbeitsalltag zu sehen sein“, sagte United-Robotics-Gründer Thomas Hähn damals. Mehr als 40.000 von ihnen hat Aldebaran dem französischen Branchenmagazin „Capital“ zufolge seit seiner Gründung 2005 gebaut. Das Modell „Nao“ ist seit 2007 Standardplattform des RoboCup, eines internationalen Wettbewerbs, bei dem Teams aus autonomen Robotern gegeneinander antreten. Stückpreis: 5.000 bis 10.000 Euro. Sein großer Bruder „Pepper“ kostet zwischen 17.000 und 20.000 Euro. Er kommt etwa in Seniorenheimen oder auf Kreuzfahrtschiffen zum Einsatz – schließlich sei „soziale Interaktion“ seine Stärke, behauptet der Hersteller.
Exorbitante Entwicklungskosten, hohe Produktionskosten, überschaubare Nachfrage: Dieses Spannungsfeld beschreibt die grundsätzliche Problematik, in der sich Hersteller humanoider Roboter bewegen. Profitabel war Aldebaran nie. Investoren fand die Firma immer.
Mitte Februar meldete United Robotics Insolvenz an. Für die Beschäftigten beider Firmen kommt dieser Schritt unerwartet. Sie fürchten um ihre Existenz. Wie es weitergeht, ist unklar. Etwa die Hälfte der Arbeitsplätze soll Medienberichten zufolge gestrichen werden – obwohl das Arbeitspensum gleich bleibt, wenn weiter Roboter gebaut werden sollen. Die RAG-Stiftung wolle im Rahmen des Insolvenzverfahrens „für einzelne oder alle Aktivitäten der United Robotics Group nach Möglichkeit neue Eigentümer“ finden, sagte Markus Bohni der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Bohni ist Geschäftsführer der RSBG, der Beteiligungsgesellschaft der RAG-Stiftung. Die Stiftung hatte im Sommer vergangenen Jahres abrupt aufgehört, United Robotics zu finanzieren.
Der Bund, die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie RAG AG und die Gewerkschaft IG BCE gründeten die RAG-Stiftung 2007. Laut Satzung finanziert die Stiftung Ewigkeitsaufgaben aus dem 2018 beendeten Steinkohlebergbau und fördert Bildung, Wissenschaft und Kultur in den ehemaligen Fördergebieten.
„Wir verstehen deren Logik nicht“, sagt ein Vertreter der Beschäftigten von Aldebaran im Gespräch mit UZ über die RAG-Stiftung. Seiner Existenzangst wegen möchte er nicht namentlich genannt werden. „So zu tun, als erkenne man die Lage jetzt erst, die doch zum Zeitpunkt des Kaufs von Aldebaran schon lange bestand, ist eine Schweinerei.“ Der Ingenieur verweist auf ein Problem, das in deutschen Medienberichten gar nicht erwähnt wurde: Aldebaran habe sich um die kostspielige Entwicklung gekümmert, Subunternehmen um die Produktion, United Robotics um den Verkauf der Roboter. Von den Einnahmen sei zu wenig an Aldebaran geflossen, nur die Kosten für Forschung und Entwicklung. „Den Großteil der Marge hat die RAG-Stiftung eingestrichen.“ Sie habe damit ihre Pflichten gegenüber Aldebaran verletzt. Die Stiftung müsse sich jetzt mit ihren Mitteln an einem Sozialplan für die Aldebaran-Beschäftigten beteiligen. Die Gewerkschaftsverbände CFDT und CFE-CGE unterstützen die Kollegen.
Folgen dürfte die Insolvenz auch für Kunden haben. Ob die neue Generation des „Nao“, geplant für 2026, überhaupt gebaut werden wird, steht in den Sternen. Ohne Wartung, Software-Updates und technischen Support sterben auch aktuelle Versionen von „Nao“ und „Pepper“ bald. Auch hinter dessen niedlichen Kulleraugen steckt nur die hässliche Fratze des Kapitalismus.