Die Tropensturmsaison hat in der Karibik und im Süden der USA erneut ihre Spuren hinterlassen. Und die Frequenz besonders schwerer Stürme nimmt stetig zu: In den letzten zehn Jahren traten sie etwa so oft in dieser Region auf wie in den gesamten fünfzig Jahren zuvor.
Ende September 2024 braute sich „Helene“ über der Karibik zusammen, streifte die mexikanische Halbinsel Yukatan und Kuba und zog dann über mehrere US-Bundesstaaten hinweg. Obwohl er sich über Land abschwächte, brachte der Hurrikan extreme Regenmengen bis über 600 mm pro Quadratmeter mit sich, sorgte in den USA für großflächige Überschwemmungen und Landrutsche. Zwei Wochen später ging man dort von über 200 Todesopfern aus. Zu dem Zeitpunkt war den Behörden der Verbleib von mehreren hundert Personen immer noch unklar. Die materiellen Schäden wurden in ersten Schätzungen bei 30 bis 50 Milliarden US-Dollar eingestuft. Noch innerhalb dieses Zeitraums wandelte sich der Tropensturm „Milton“ an einem Tag in einen Hurrikan der höchsten Kategorie 5 mit Windgeschwindigkeiten von 285 km/h. Er war der fünftstärkste Hurrikan seit Beginn der Messungen und wurde als stärker eingeschätzt als „Katrina“. Der Hurrikan „Katrina“ hatte 2005 die Großstadt New Orleans unter Wasser gesetzt, 1.400 Menschen starben. Auch wenn die Gewalt von „Milton“ über Florida schnell wieder nachließ, forderte er dennoch fast 20 Todesopfer und verursachte geschätzte Schäden zwischen 30 und 75 Milliarden Dollar.
Kuba kam bei beiden Ereignissen noch vergleichsweise gut davon. Es gab Starkregen, schwere Schäden in der Landwirtschaft und weggerissene Hausdächer. Es folgten längere und großflächige Stromausfälle, die einmal mehr zeigten, wie fragil die Stromerzeugung und die Versorgung mit Energie auf Kuba sind. Die veralteten Wärmekraftwerke, die einen großen Teil der Elektrizität liefern, müssen oft vom Netz genommen und gewartet werden. Als dann ein wichtiges Kraftwerk im Westen Kubas abgeschaltet wurde, brach die Stromversorgung landesweit weitgehend zusammen. In Havanna kam das öffentliche Leben für zwei Tage praktisch zum Stillstand: Schulen wurden geschlossen und die Privathaushalte blieben ohne Strom. Präsident DÍaz-Canel sprach von einem „Energienotstand“. Mitten in die Arbeiten zur Behebung der Schäden bedrohte mit „Oscar“ bereits der nächste Hurrikan, wenn auch von niedrigerer Intensität, den Osten der Insel. Er brachte erhebliche Regenmengen, die in einer sonst eher trockenen Gebirgszone zwei Dörfer überfluteten. In Verbindung mit dem Stromausfällen entstand dort eine Notlage, bei der sieben Menschen starben.
Personenschäden sind auf Kuba eher die Ausnahme. Das ist einer der augenfälligsten Unterschiede zu den USA. Gab es in der Vergangenheit einzelne Todesopfer, so handelte es sich fast immer um Personen, die den Anweisungen der Behörden nicht nachkamen. Die kubanische Zivilverteidigung ist stets über die Wetterprognosen im Detail informiert und trifft alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Dazu gehört auch die vollständige Evakuierung aus bedrohten Zonen. Zur Unterbringung und Notversorgung der Menschen dient dabei auch die unterirdische Infrastruktur, die für den Verteidigungsfall gegen eine mögliche militärische Invasion Kubas errichtet wurde. Das eingespielte System des Zivilschutzes wird von den Unterorganisationen der UNO immer wieder als beispielhaft hervorgehoben.
Auch in den USA wird vor der Gefahr gewarnt. Wer kann, setzt sich mit der Familie in das Auto und quält sich über verstopfte Autobahnen. Das Misstrauen großer Teile der Bevölkerung gegen staatliche Autorität und der ausgeprägte Individualismus verhindern koordinierte Aktionen. Viele wollen ihr Haus nicht verlassen aus Angst, dass es in ihrer Abwesenheit ausgeräumt werden könnte. Der einsame Cowboy stellt sich den Widrigkeiten der äußeren Welt mit der Hortung von Vorräten und modernen Feuerwaffen. Die ideologische Abwertung des Staates und die Zerstörung dessen, was an sozialem Zusammenhalt noch übrig ist, erfolgt unter der ständigen Indoktrinierung einer neoliberalen Weltsicht. Dies überlässt den Einzelnen in zunehmendem Maße seinem Schicksal und seiner persönlichen Verantwortung. Er erwartet nichts mehr von der Gesellschaft und der sich aufstauende Hass sucht Entladung in kruden Verschwörungstheorien. So behauptete eine republikanische Abgeordnete öffentlich, dass die regierenden Demokraten das Wetter manipulieren und die Stürme gezielt gegen mehrheitlich republikanisch wählende Gebiete steuern würden.
Kuba verfügt hingegen über eine humane, soziale und rationale Ordnung. Trotz relativer Armut und massiver Beeinflussung von außen tragen die durch den Sozialismus gelebten Werte der gerechten Verteilung, der Bildung und realen Fürsorge für alle den Zusammenhalt der Gesellschaft. Bleibt dieser erhalten, wird das Land auch weiterhin den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, der Feindschaft der USA und dem sich verschärfenden Klima trotzen und nach Lösungen suchen.
Dieser Beitrag erschien zuerst in „Cuba Libre“, Ausgabe 1/2025.