DKP wehrt sich gegen „kaltes Verbot“ und zieht in den Wahlkampf – so oder so

Welle der Solidarität

Der reaktionäre Staatsumbau ist in vollem Gange. Dafür stehen Verschärfungen von Polizei- und Versammlungsgesetzen, ausufernde digitale Überwachung der Bürgerinnen und Bürger und Versuche, demokratische Organisationen zu zerschlagen. Nach Angriffen unter anderem auf die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), attac, die „Rote Hilfe“ und die sozialistische Tageszeitung „junge Welt“ geht es gegen die Kommunistische Partei. Der DKP soll die Kandidatur zur Bundestagswahl verwehrt und der Parteistatus entzogen werden.

Die Entscheidung des Bundeswahlausschusses vom 8. Juli – mit Zustimmung der Vertreterin der Partei „Die Linke“, gegen die Stimme des Vertreters von Bündnis 90/Die Grünen – ist aus Sicht der DKP nicht haltbar. Der Ausschuss folgte der Ansicht des Bundeswahlleiters Georg Thiel, die DKP habe auf Grund von verspätet abgegebenen Rechenschaftsberichten ihren Parteistatus verloren und könne deshalb nicht zur Bundestagswahl zugelassen werden. Das Parteiengesetz – entsprechend verschärft im Jahr 2015 – formuliert hingegen, dass nicht eine verspätete Abgabe, sondern die Nichtabgabe der Berichte ein Grund zum Entzug des Parteistatus sei. Die DKP hat ihre Rechenschaftsberichte abgegeben und gegen die Entscheidung des Bundeswahlausschusses Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dieses muss bis zum 29. Juli über die Beschwerde entscheiden.

In den vergangenen Tagen erreichte die DKP eine Welle der Solidarität aus dem In- und Ausland. Kommunistische Parteien und Jugendorganisationen aus mehr als 50 Ländern, Kultur- und Medienschaffende und Bündnispartner protestieren gegen den Angriff auf die Partei. Am Montag erklärte Hans Modrow, Vorsitzender des Ältestenrates der Partei „Die Linke“: „Es ist nicht die Furcht der herrschenden Kreise vor einer Partei, die bei Bundestagswahlen kaum ein Prozent der Wähler für sich mobilisiert. Es ist der Geist der Rebellion, der theoretisch fundierten Systemkritik, den sie fürchten.“ Die Angst vor dem Verlust der Macht durch eigenes Versagen veranlasse die Herrschenden, die politischen Daumenschrauben anzuziehen. Wer offen ausspreche, dass dies Klassenkampf sei, solle zum Schweigen gebracht werden. „Das Vorgehen gegen diese politischen Institutionen dürfen wir nicht stumm hinnehmen“, so Modrow.

Die DKP hat ihr Mitglieder, Bündnispartner und Freunde aufgerufen, an diesem Wochenende auf die Straße zu gehen, um gegen das „kalte Verbot“ zu protestieren. Sie ist im Wahlkampf. Egal, wie die Entscheidung des Verfassungsgerichts ausfällt, sie wird in den Bundestagswahlkampf eingreifen. Nicht aus Prinzip, sondern weil ihre Stimme, weil der Protest auf der Straße heute notwendiger denn je ist.

Sozialabbau und das Abwälzen der Krisenlasten auf die Bevölkerung, jetzt schon massiv betrieben, werden nach der Bundestagswahl ein bisher in Deutschland ungesehenes Ausmaß annehmen. Das Kriegsgeschrei gegen Russland und China nimmt zu. Deutsche Soldaten stehen im Rahmen von NATO-Manövern an der Grenze Russlands. Sollte aus diesem neuen Kalten Krieg gegen Russland ein neuer heißer Krieg werden, würde Europa zum Schlachtfeld. Die atomare Bedrohung ist immens.

„Dass in dieser angespannten internationalen Lage die DKP die Losung ‚Frieden mit Russland und China‘ auf ihre Fahnen und Plakate schreibt, wird die Hauptursache der aktuellen Repression sein“, erklärte der Deutsche Freidenker-Verband. Die Herrschenden verlangten, die Kriegsmobilisierung gegen Russland und gegen China zu unterstützen oder zumindest nicht zu behindern und NATO und EU mit allen Mitteln zu verteidigen. „Sie wollen Friedhofsruhe an der Heimatfront. Wer das nicht akzeptiert, muss ab jetzt mit Repressionen rechnen“, so die Freidenker. Deshalb seien alle, die dieses Signal verstehen und ablehnen, aufgerufen, jenseits parteipolitischer Erwägungen Solidarität mit der DKP zu üben.

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"Welle der Solidarität", UZ vom 23. Juli 2021



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