Am Samstag früh war es soweit: die israelische Luftwaffe griff Ziele im Iran an. In einer Abfolge von gegenseitigen Angriffen hat Israel damit eine weitere Stufe der Eskalation erreicht. Die Ziele des Angriffs blieben begrenzt, wie es die USA verlangt hatten. Dadurch ist im Falle einer iranischen Reaktion die volle Unterstützung der USA garantiert.
Wie im Falle des iranischen Angriffs auf Israel Anfang Oktober stehen sich zwei Sichten auf das Geschehen diametral gegenüber. Während die „Jerusalem Post“ – wie viele westliche Medien – von einer „historischen Erniedrigung des Iran“ sprach, heißt es in Teheran, die iranische Luftabwehr habe den Angriff erfolgreich abgewehrt. Israelische Flugzeuge hätten ihre Raketen noch aus dem irakischen Luftraum heraus abfeuern müssen, viele der Raketen seien abgeschossen worden. Schäden durch die Angriffe seien gering und würden bereits behoben. Vier getötete Soldaten sprechen allerdings für eine gewisse Wirkung der Angriffe. Das Leben in Teheran jedenfalls ging wie gewohnt weiter.
Während Anfang Oktober Videoaufnahmen den Einschlag vieler iranischer Raketen in Israel klar dokumentiert hatten, fehlen bisher vergleichbare Aufnahmen aus dem Iran. Tatsächlich werden gelegentlich dieselben Videos zur Bestätigung beider Sichten eingesetzt.
Jenseits der NATO-Staaten wurde der Angriff international verurteilt, viele Staaten der Region sprachen ihre Unterstützung für den Iran aus. Und auch wenn das rein papierene Erklärungen ohne jegliche Konsequenz sind, zeigen sie doch, dass der Iran nicht im Mindesten isoliert ist.
Saudi-Arabien rief alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf, die Vereinigten Arabischen Emirate, die die Beziehungen zu Israel 2020 normalisiert hatten, verurteilten den Angriff sogar.
Irans Präsident Masoud Pezeshkian erklärte, sein Land wolle keinen Krieg, kündigte aber eine angemessene Antwort des Iran an. Außenminister Abbas Araghchi betonte gegenüber den Außenministern von Ägypten, Katar und Syrien, eine Ausweitung des Krieges in der Region müsse verhindert werden. Dazu bedürfe es umgehender und effektiver Maßnahmen und eines Waffenstillstands in Gaza und im Libanon. Tatsächlich finden in Katar weiterhin Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Gaza statt.
Auf Antrag des Iran und mit Unterstützung von Algerien, Russland und China kam am Montag der UN-Sicherheitsrat zusammen, um die Situation zu diskutieren. Angesichts des Einflusses der USA und ihrer Verbündeten war die Aussicht auf ein nennenswertes Ergebnis gering. Wie üblich rufen sie zur Zurückhaltung auf – nach israelischen Angriffen.
In Israel wird der Angriff überwiegend als ein weiterer Erfolg in einem Krieg gefeiert, in dem die „Achse des Bösen“ von Hamas und Hisbollah bis Syrien und Iran zerstört werden soll. Jeder dieser Erfolge stärkt die Position Benjamin Netanjahus, dessen Partei Likud laut aktuellen Umfragen eine kommende Wahl gewinnen würde. Anhänger des Likud planen sogar schon eine Besiedlung des Gazastreifens.
Aber es sind fragwürdige Erfolge: Die Geiseln sind nicht befreit, Hamas kämpft weiterhin gegen die israelische Armee, im Libanon stagniert der israelische Angriff, die Einwohner im Norden Israels können nicht zurückkehren – und womöglich müssen weitere evakuiert werden.
Verteidigungsminister Joaw Gallant hat dem israelischen Präsidenten Netanjahu deshalb vorgeworfen, es fehlten Israel klare Richtung und aktualisierte Ziele.
Für Oppositionsführer Jair Lapid war der Angriff auf den Iran insgesamt ein Fehler – weil viel zu geringfügig. Es hätten „strategische“ und „wirtschaftlich wichtige“ Ziele angegriffen werden müssen.