Der gemütliche Rechtsruck geht verdammt schnell vonstatten

Weiter so mit Mutti

Von Lars Mörking

Angela Merkel hat es noch einmal geschafft. Sie selbst finde das Ergebnis gar nicht so schlecht, wenn man bedenke, wie lange sie schon regiere, meinte sie kurz nach der Wahl vor Parteigängern. Da hat sie recht, vor allem wenn man bedenkt, was sie die letzten zwölf Jahre so getrieben hat.

Aber Merkel steht bei vielen immer noch für Stabilität. Das Bild der Mutti, die sich um ihre Kinderchen redlich bemüht. Die Medien bedienten und bedienen dieses Bild einer bedachten Kümmerin und Vermittlerin zwischen deutschen und internationalen Interessen, zwischen Energiemafia und Umweltschutz, zwischen den Kläffern und Wadenbeißern aus CSU und SPD.

Aber dieses Bild ist falsch. Kanzlerin Merkel steht hinter Schäubles schwarzem Bundeshaushalt, dem erklärten Verfassungsfeind de Maizière und Sigmar Gabriel, dem Ex-Wirtschaftsminister und Busenfreund der Auto- und Energiemafia. Sie alle sind verantwortlich für die grassierende Armut, die so vielen Familien in Deutschland von der Kinderwiege bis zum Rentenalter das Leben versaut.

Wenn Angela Merkel sich jetzt von CDU/CSU, FDP und Grünen zur Kanzlerin wählen lassen sollte, wird der Rechtsruck in Deutschland weitergehen. Sollte der Eindruck entstehen, dass dieser nicht sonderlich schnell vonstatten geht, mag dies an der Ausgangsgeschwindigkeit liegen. Er hatte schon unter Schwarz-Rot einen ordentlichen Zahn drauf.

In der Konstellation Schwarz-Gelb-Grün ist damit zu rechnen, dass die Angriffe gegen Gewerkschaften – im FDP-Jargon Anfang der 2000er Jahre „Deutschlands größte Bremser“ – und das „Tarifkartell“ heftiger werden. Beim Tarifeinheitsgesetz der Großen Koalition wird die neue Regierung es kaum belassen, dafür wird ein FDP-Wirtschaftsminister schon sorgen.

Und ein grüner Außenminister würde in der Tradition Joschka Fischers wieder für aggressive Außenpolitik stehen – im Namen der Menschenrechte natürlich.

Schwarz-Gelb-Grün wäre auch für die Kommunen ein fortgesetzter, beschleunigter Gang durchs Tal der Tränen. Öffentliche Daseinsvorsorge, egal ob Kita oder Friedhof, ist für FDP und Grüne ganz selbstverständlich etwas, was vom Geldbeutel der Eltern bzw. Angehörigen abhängt. Oftmals entscheiden (Kommunal-)Politiker gar nicht mehr darüber, wo und in welcher Form unsere Kinder lernen oder wie und wo unsere Alten bis zu ihrem Tod verwahrt werden. Das alles hängt davon ab, wie viel Geld die Betroffenen zur Verfügung haben. Viele kommunale Krankenhäuser sind schon geschlossen oder privatisiert worden. Kommunale Bäder werden geschlossen, damit Kinder von ihren Eltern ins 100 Kilometer entfernte und sauteure Spaßbad verfrachtet werden, wo sie dann im knietiefen und pisswarmen Nass plantschen dürfen, weil sie nicht richtig schwimmen können.

Private Investoren dürfen von Schwarz-Gelb-Grün erwarten, dass den Kommunen weitere Daumenschrauben angelegt werden, damit sie ihre letzten kommunalen Betriebe privatisieren oder zumindest ÖP-„Partnerschaften“ mit privaten Investoren eingehen.

Und all diese kommenden Angriffe auf uns, auf die gesamte Klasse der Billiglöhner, FacharbeiterInnen und Scheinselbstständigen, werden uns von Mutti Merkel als vernünftige, demokratische, alternativlose und notwendige Reförmchen verkauft werden. Das ganze unter der Drohung, dass mit der AfD alles noch viel schlimmer wäre.

Aber uns kann es fast egal sein, ob sich Rassisten und Verfassungsfeinde in sechs oder sieben Fraktionen im Bundestag tummeln – die mögliche Spaltung der AfD-Fraktion wird das Problem nicht lösen und der Versuch der CSU, ihre „rechte Flanke“ zu schließen, es nur verschärfen. Klar ist jetzt schon, dass eine Linksfraktion im Bundestag nicht ausreicht, um all dem etwas Wirksames entgegenzusetzen. Die neue Regierung wird für das Gegenteil dessen stehen, für das die DKP im Bundestagswahlkampf geworben hat: Frieden – Arbeit – Solidarität. Die Entscheidung der 11 750 Menschen, die dieses Mal DKP gewählt haben, war eine sehr bewusste. Wer nicht bereits an der Seite der DKP den „Weg des Widerstands“ geht, wie es die SDAJ formuliert hat, sei hiermit aufgerufen, dies zu tun.

Zu diesem weiten Weg gehört die Stärkung der Gewerkschaften und die Verteidigung des Streikrechts. Die Kolleginnen und Kollegen von ver.di führen ihren Kampf für mehr Personal in den Krankenhäusern über die Bundestagswahl hinaus fort (siehe Interview Seite 3). Dieser Kampf richtet sich dagegen, Gesundheit als Ware zu verkaufen und führt verschiedene Teile der Klasse zusammen. Diesen Kampf zu unterstützen und zu einem Erfolg zu führen, ist wichtiger als jedes Mandat im Bundestag. Und irgendwann wird der gewerkschaftliche Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne auch seinen Ausdruck in Wahlergebnissen finden. Dann geht es der AfD und den Agenda-2010-Parteien an den Kragen.

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"Weiter so mit Mutti", UZ vom 29. September 2017



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